"Guten Morgen, du Sonntagsglockenschall! Guten Morgen, ihr meine Blümlein all', Wie tragt ihr so blendender Perlen Zier, Wie neigt ihr euch grüssend herüber zu mir! Ich will mir winden einen schönen Kranz, Nicht für mein Haupt und auch nicht für den Tanz, Für das arme leidende Gottesbild, Dem das Blut hervor aus der Stirne quillt. Doch die Blumen im Garten sind viel zu bunt, Die Christusstirne, die ist ja wund, Ich will hinab auf die Wiesengehn, Wo stillere, kühlere Blümlein stehn. Und drübenm da zieht sich der duftige Wald, Wo der Amsel Flöten so lockend erschallt, Waldblumen tragen, gar seltsamlich, Viel heilende, lindernde Kraft in sich! Wie ist es im Walde so heimlich und still! Horch, horch! was der Specht nur, der klopfende, will? Eichkätzlein, ei, wie hüpft ihr so flink! Was schaust mich an, du listiger Fink?" So wandelt das Mägdlein durch den Wald Und pflückt sich Blumen gar mannichfalt, Doch als der Kranz nun fertig ist, Da hat sie des Weges Zeichen vermißt. "Ach Törin ich! Und soll ich zu spät Zur Kirche kommen und zum Gebet!" Zur Linken eilt siem zur Rechten bald, Doch dichter und dichter wird immer nur der Wald! "Ach Vaterm und rufst du dein Töchterlein, Ich werde zu Tische nicht bei dir seinm Ach Mutter, und sendest du Boten hinaus, Sie werden mich finden in keinem Haus!" Sie läßt sich nieder nach kurzer Rast, Sie springt empor mit erneuter Hast, Sie eilet zur Linken, zur Rechten bald, Doch dichter und dichter wird immer nur der Wald. Es schwinden die Stunden im flüchtigen Lauf, Es ziehet der Abend, die Nacht herauf, Dem Schrei der Eule lauschet ihr Ohr, Irrlichter tanzen über dem Moor. Da vergeht ihr der Atem, da wanket ihr Knie, Da sinket ohnmächtig zu Boden sie: "Und muß es hier gestorben sein, Herr Jesu Christ, erbarm dich mein!" Doch wie die Sinnen ihr vergehn, Ist weiter ihr kein Leid geschehn, Ich glaub es hat die ganze Nacht Ein Engel über ihr gewacht. Es kam geflogen der Morgenwind, Ihr Schläfer allem wacht auf geschwind! Da ward lebendig der grüne Wald, Daß es rings her von den Zweigen schallt! Und als das Mägdlein mir erwacht, Was ist, das sie so freudig macht? Ein Hirschlein sieh', das vor ihr kniet Und schmeichelnd ihr ins Auge sieht. "O sprich, wer dich gesendet hat, o sprich! Und führst du mich zur Stadt?" Sie schwingt sich raschen Muts hinauf, Das Hirschlein schickt sich an zum Lauf, Und noch war's eine Stunde nicht, Da ward der finstre Wald so licht. Und frei lag die Stadt dem Blicke davor, Und ein ritt sie nun durchs alte Tor, Und nun ging's die Gassen ab und auf, Zur Kirche noch hin im schnellen Lauf. Da schwinget sie nieder sich zur Stund, Lobpreisend Gott mit Herz und Mund; Und mit Blumen, die sich treu gepflückt, Hat sie des Heilands Bild geschmückt. Nachmals hat sie aus Dankbarkeit Der Kirche großes Gut geweiht, Doch von dem Hirschlein auf der Flur gewahrt' ich fürder keine Spur.
Legende, Heft I , opus 33
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Jungfrau Lorenz  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Authorship:
- by Franz Theodor Kugler (1808 - 1858), Tangermündische Legende.
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Das heilige Haus in Loretto  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Wolke lichtweiß in dem Blauen, Reiner Schwan im Äthermeer! Ach, wie glänzend anzuschauen! Engel seh ich um dich her! Hold erblüht ein Regenbogen! Du, o Himmelskönigin, Auf ihm thronend, blickst gewogen Auf die Welt der Sünde hin! Heil'ge Jungfrau, die Erscheinung Überwältigt meinen Geist, Lehre du mich ihre Meinung, Was sie kündet, was verheißt! Und der Schimmer läßt, geteilet Durch des Morgenhauches Wehn, Auf der Wolke, die enteilet, Schilfbedeckt ein Hüttchen sehn, Und der Wandrer höret sagen Deutlich: "Das ist Christi Haus, wo in seinen Kindestagen Gottes Sohn ging ein und aus. Vor den Heiden es zu bergen, Führen wir es schiffend fort, Siehe, wir sind Christi Fergen Und Loretto unser Port." Seid gesegnet, treue Wächter! Aber weh um Christi Grab, Das die Rotte der Verächter Mit der Drachenhut umgab! Und herab vom lichten Orte, Von des Regenbogens Höh'n Fliessen gnadenreiche Worte, Helig säuselndes Getön: "Dankt dem Herrn, der euch zu trösten, Christi Haus euch heute gab, Doch ein Kampf ziemt den Erlösten Glaubensvoll um Christi Grab."
Authorship:
- by (Heinrich) Ludwig Theodor Giesebrecht (1792 - 1873), appears in Gedichte, in 20. Buch des heiligen Grabes, no. 2
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (John H. Campbell) (W. Kommer) , "The sacred house in Loretto", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
3. Des fremden Kindes heiliger Christ  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Es läuft ein fremdes Kind Am Abend vor Weihnachten Durch eine Stadt geschwind, Die Lichter zu betrachten, Die angezündet sind. Es steht an jedem Haus Und sieht die hellen Räume, Die drinnen schau'n heraus, Die lampenhellen Bäume, Weh wird's ihm überaus! Das Kindlein weint und spricht: »Ein jedes Kind hat heute Ein Bäumchen und ein Licht, Und hat dran seine Freude, Nur blos ich armes nicht! An der Geschwister Hand, Als ich daheim gesessen, Hat es mir auch gebrannt, Doch hier bin ich vergessen, In diesem fremden Land! Läßt mich denn Niemand ein Und gönnt mir auch ein Fleckchen? In all' den Häuserreih'n Ist für mich denn kein Eckchen, Und wär' es noch so klein? Läßt mich denn Niemand ein? Ich will ja selbst nichts haben, Ich will ja nur am Schein Der fremden Weihnachtsgaben Mich laben ganz allein!« Es klopft an Tür und Tor, An Fenster und an Laden, Doch Niemand tritt hervor, Das Kindlein einzuladen, Sie haben drin kein Ohr. Ein jeder Vater lenkt Den Sinn auf seine Kinder; Die Mutter sie beschenkt, Denkt sonst nichts mehr, nichts minder; Ans Kindlein Niemand denkt. »O lieber heil'ger Christ, Nicht Mutter und nicht Vater Hab' ich, wenn du's nicht bist. O sei du mein Berater, Wenn man mich hier vergißt!« Das Kindlein reibt die Hand, Sie ist von Frost erstarret, Es kriecht in sein Gewand, Und in dem Gässchen harret, Den Blick hinausgewandt. Da kommt mit einem Licht Durchs Gässlein hergewallet, In weißem Kleide schlicht, Ein ander Kind; - wie schallet Es lieblich da es spricht: »Ich bin der heil'ge Christ, War auch ein Kind vordessen, Wie du ein Kindlein bist; Ich will dich nicht vergessen, Wann alles dich vergißt.« Dem Kind war's wie im Traum; Es langten hergebogen Englein herab vom Baum Zum Kindlein, das sie zogen Hinauf zum lichten Raum. Das fremde Kindlein ist Zur Heimat eingekehret, Bei seinem heilgen Christ, Und was hier wird bescheret, Es dorten leicht vergißt.
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It is based on
- a text in German (Deutsch) by Friedrich Rückert (1788 - 1866), "Des fremden Kindes heiliger Christ", appears in Pantheon, in 3. Drittes Bruchstück: Kirchenjahr
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Il bambino straniero e il bambino Gesù", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission