Wenn du am Felsenhange standst alleine, Unten im Walde Vögel seltsam sangen Und Hörner aus der Ferne irrend klangen, Als ob die Heimat drüben nach dir weine, War's niemals da, als riefe dich die Eine, Deine? Lockt' dich kein Weh, kein brünstiges Verlangen Nach andrer Zeit, die lange schon vergangen, Auf ewig einzugehn in grüne Scheine? Gebirge dunkelblau steigt aus der Ferne, Und von den Gipfeln führt des Bundes Bogen Als Brücke weit in unbekannte Lande. Geheimnisvoll gehn oben goldne Sterne, Unten erbraust viel Land in dunklen Wogen -- Was zögerst du am unbekannten Rande?
Sieben Sonette nach Gedichten von Joseph von Eichendorff
Song Cycle by Winfried (Petrus Ignatius) Zillig (1905 - 1963)
1. Jugendandacht  [sung text checked 1 time]
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), no title, appears in Gedichte, in 6. Geistliche Gedichte, in Jugendandacht, no. 8
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Meditation on Youth", copyright © 2011, (re)printed on this website with kind permission
2. Entschluß  [sung text checked 1 time]
Gebannt im stillen Kreise sanfter Hügel, Schlingt sich ein Strom von ewiggleichen Tagen, Da mag die Brust nicht nach der Ferne fragen, Und lächelnd senkt die Sehnsucht ihre Flügel. Viel' andre stehen kühn im Rossesbügel, Des Lebens höchste Güter zu erjagen, Und -- was sie wünschen, müssen sie erst wagen, Ein strenger Geist regiert des Rosses Zügel. - Was singt ihr lockend so, ihr stillen Matten, Du Heimat mit den Regenbogenbrücken, Ihr heitern Bilder harmlos bunter Spiele? Mich faßt der Sturm! wild ringen Licht und Schatten, Durch Wolkenriß' bricht flammendes Entzücken - Nur zu, mein Roß! wir finden noch zum Ziele!
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Verschiedene Bahn"
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
Research team for this page: Ferdinando Albeggiani , Sharon Krebs [Guest Editor]
3. Echte Liebe  [sung text checked 1 time]
Lau in der Liebe mag ich nimmer sein, -- Kalt oder brennend wie ein lohes Feuer! O, Lust und Leiden sind nur farblos, klein, Wo Liebe nicht ergriffen hat das Steuer! Wer noch bei Sinnen, ist kein rechter Freier; Wirf von dir ohne Zagen all was dein, Der stirbt vor Liebe nicht, ein halbgetreuer, Wer von der Liebe mehr verlangt, als Pein. Gleichwie ein Schiff, wenn sich die Wetter schwärzen, An jähen Klippen treibt bei finstrer Nacht, Auf weitem Meer der Wind' und Wogen Spiel, So auf dem wüsten Meere meiner Schmerzen Such' ich, auf neue Leiden nur bedacht, Im Hoffnungslosen meines Glückes Ziel.
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Echte Liebe"
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Genuine love", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
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4. Mahnung  [sung text checked 1 time]
Genug gemeistert nun die Weltgeschichte! Die Sterne, die durch alle Zeiten tagen, Ihr wolltet sie mit frecher Hand zerschlagen Und jeder leuchten mit dem eignen Lichte. Doch unaufhaltsam rucken die Gewichte, Von selbst die Glocken von den Türmen schlagen, Der alte Zeiger, ohne euch zu fragen, Weist flammend auf die Stunde der Gerichte. O stiller Schauer, wunderbares Schweigen, Wenn heimlichflüsternd sich die Wälder neigen, Die Täler alle geisterbleich versanken, Und in Gewittern von den Bergesspitzen Der Herr die Weltgeschichte schreibt mit Blitzen? Denn seine sind nicht euere Gedanken.
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Mahnung", appears in Gedichte, in 6. Geistliche Gedichte
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Admonition", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
5. Morgendämmerung  [sung text checked 1 time]
Es ist ein still Erwarten in den Bäumen, Die Nachtigallen in den Büschen schlagen In irren Klagen, können's doch nicht sagen, Die Schmerzen all' und Wonne, halb in Träumen. Die Lerche auch will nicht die Zeit versäumen, Da solches Schallen bringt die Luft getragen, Schwingt sich vom Tal, eh's noch beginnt zu tagen, Im ersten Strahl die Flügel sich zu säumen. Ich aber stand schon lange in dem Garten Und bin in's stille Feld hinausgegangen, Wo leis die Ähren an zu wogen fingen. O fromme Vöglein, ihr und ich, wir warten Auf's frohe Licht, da ist uns vor Verlangen Bei stiller Nacht erwacht so sehnend Singen.
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Morgendämmerung"
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Daybreak", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Crépuscule du matin", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Research team for this page: Ferdinando Albeggiani , Sharon Krebs [Guest Editor]
6. Der verspätete Wanderer  [sung text checked 1 time]
Wo aber werd' ich sein im künft'gen Lenze? So frug ich sonst wohl, wenn beim Hüteschwingen Ins Tal wir ließen unser Lied erklingen, Denn jeder Wipfel bot mir frische Kränze. Ich wußte nur, daß rings der Frühling glänze, Daß nach dem Meer die Ströme [leuchtend]1 gingen, Von fernem Wunderland die Vögel singen, Da hatt' das Morgenrot noch keine Grenze. Jetzt aber wirds schon Abend, alle Lieben Sind wandermüde längst zurückgeblieben, Die Nachtluft rauscht durch meine welken Kränze, Und heimwärts rufen mich die Abendglocken, Und in der Einsamkeit frag ich erschrocken: Wo werde ich wohl sein im künft'gen Lenze?
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- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Der verspätete Wanderer", appears in Gedichte, in 2. Sängerleben
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- ENG English (Sharon Krebs) , "The wanderer late in the evening", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le voyageur attardé", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Joseph Freiherrn von Eichendorff's sämtliche poetische Werke, dritte Auflage, Erster Band, Gedichte, C. F. Amelang's Verlag, Leipzig, 1883, page 102.
1 Zillig: "funkelnd"Researcher for this page: Jakob Kellner
7. Das Alter  [sung text checked 1 time]
Hoch mit den Wolken geht der Vögel Reise, Die Erde [schläfert]1, kaum noch Astern prangen, Verstummt die Lieder, die so fröhlich klangen, Und trüber Winter deckt die weiten Kreise. Die Wanduhr pickt, im Zimmer singet leise Waldvöglein noch, so du im Herbst gefangen. Ein Bilderbuch scheint alles, was vergangen, Du blätterst drin, geschützt vor Sturm und Eise. So mild ist oft das Alter mir erschienen: Wart nur, bald taut es von den Dächern wieder Und über Nacht hat sich die Luft gewendet. Ans Fenster klopft ein [Bot']2 mit frohen Mienen, Du trittst erstaunt heraus -- und kehrst nicht wieder, Denn endlich kommt der Lenz, der nimmer endet.
Authorship:
- by Joseph Karl Benedikt, Freiherr von Eichendorff (1788 - 1857), "Das Alter"
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- ENG English (Sharon Krebs) , "Old age", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Le vieillard", copyright © 2015, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Vecchiaia", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
1 Zillig: "schläft"
2 Pfitzner: "Bote"
Researcher for this page: Jakob Kellner