Seht, wie die Tage sich sonnig verklären! Blau ist der Himmel und grünend das Land. Klag' ist ein Mißton im Chore der Sphären! Trägt denn die Schöpfung ein Trauergewand? Hebet die Blicke, die trübe sich senken, Hebet die Blicke, des Schönen ist viel. Tugend wird selber zu Freuden uns lenken; Freud' ist der Weisheit belohnendes Ziel. Öffnet die Seele dem Lichte der Freude, Horcht! ihr ertönet des Hänflings Gesang. Athmet! sie duftet im Rosengestäude. Fühlet! sie säuselt am Bächlein entlang. Kostet! sie glüht uns im Safte der Traube, Würzet die Früchte beim ländlichen Mahl. Schauet! sie grünet im Kräutern und Laube, Malt uns die Aussicht ins blumichte Thal. Freunde! Was gleiten euch weibische Thränen Über die blühenden Wangen herab? Ziemt sich für Männer das weichliche Sehnen? Wünscht ihr verzagend zu modern im Grab? Edleres bleibt uns noch viel zu verrichten, Viel auch des Guten ist noch nicht gethan; Heiterkeit lohnt die Erfüllung der Pflichten, Ruhe beschattet das Ende der Bahn. Mancherlei Sorgen und mancherlei Schmerzen Quälen uns wahrlich aus eigener Schuld. Hoffnung ist Labsal dem wundesten Herzen, Duldende stärket gelass'ne Geduld. Wenn euch die Nebel des Trübsinns umgrauen, Hebt zu den Sternen den sinkenden Muth; Heget nur männliches, hohes Vertrauen; Guten ergeht es am Schlusse noch gut. Lasset uns fröhlich die Schöpfungen sehen; Gottes Natur ist entzückend und hehr! Aber auch stillen des Dürftigen Flehen; Freuden des Wohlthuns entzücken noch mehr: Liebet! die Lieb' ist der schönste der Triebe; Weiht nur der Unschuld die heilige Gluth. Aber dann liebt auch mit weiserer Liebe Alles, was edel und schön ist und gut. Handelt! durch Handlungen zeigt sich der Weise. Ruhm und Unsterblichkeit sind ihr Geleit. Zeichnet mit Thaten die schwindenden Gleise Unserer flüchtig entrollenden Zeit. Den uns umschließenden Zirkel beglücken, Nützen, so viel als ein jeder vermag, O, das erfüllet mit stillem Entzücken! O, das entwölket den düstersten Tag! Muthig! auch Leiden, sind einst sie vergangen, Laben die Seele, wie Regen die Au: Gräber, von Trauerzypressen umhangen, Malet bald stiller Vergissmeinnicht Blau. Freunde, wir sollen, wir sollen uns freuen; Freud' ist des Vaters erhabnes Gebot. Freude der Unschuld kann niemals gereuen, Lächelt durch Rosen dem nahenden Tod.
About the headline (FAQ)
View text with all available footnotesConfirmed with Deutsche Lyrik, selected and arranged, with notes and a literary introduction, by C. A. Buchheim, Third Edition, London: MacMillan and Co., 1881, pages 87-89.
Note: in many older editions, the spelling of the capitalized word "über" becomes "Ueber", but this is often due to the printing process and not to rules of orthography, since the lower-case version is not "ueber", so we use "Über".
Note: modern German would spell various words slightly differently, for example Thränen -> Tränen, Thal -> Tal, Muth -> Mut, Thaten -> Taten, Muthig -> Mutig, etc. Note that this edition is inconsistent about the spelling of "Gluth/Glut".
Text Authorship:
- by Johann Gaudenz Freiherr von Salis-Seewis (1762 - 1834), "Ermunterung" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Franz Jacob Freystädtler (1761 - 1841), "Ermunterung" [sung text checked 1 time]
- by Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814), "Seht! wie die Tage sich sonnig verklären", published 1800, from Lieder aus dem Liederspiel, Lieb' und Treue, no. 11 [sung text not yet checked]
- by Johann Xaver Sterkel (1750 - 1817), "Ermunterung ", 1799 [ voice and piano ], from [Sechs] Lieder für das Klavier oder Piano-Forte, 5te Sammlung, no. 5, Offenbach, Johann André [sung text not yet checked]
- by Johann Rudolf Zumsteeg (1760 - 1802), "Ermunterung", published 1801, from Kleine Balladen und Lieder, Heft III, no. 3 [sung text checked 1 time]
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Johann Winkler
This text was added to the website between May 1995 and September 2003.
Line count: 56
Word count: 356