by Richard von Kralik (1852 - 1934)
Die Nonne
Language: German (Deutsch)
Pförtnerin, lass mich ein, denn ich will Nonne werden. Ich hab' ja doch in meiner Pein nicht andern Trost auf Erden. Ich bin ein reiches Kaufmannskind, zu Moskau fern geboren; zur Braut hat mich dort hochgesinnt einst euer Graf erkoren. Der hat sich, wie du weißt, entzweit mit seinem Bruder, dem Wilden; er schlug ihn tot und floh so weit bis hin nach Russlands Gefilden. Mein Vater nahm ihn auf als Knecht, da schwur er mir die Ehe. Nun starb der alte Graf; sein Recht zu schützen, verließ er mich jähe. Wollte mich holen in einem Jahr, ich wartete zwei und dreie, da trug ich's länger nicht fürwahr, ich kam, dass er mich freie. Und als ich kam in dieses Land, vernahm ich Glockengeläute. Der Graf, so hieß es, reicht die Hand der edelsten der Bräute. Noch einmal ihm ins Aug' zu seh'n, trat ich zur Kirchenpforte, doch nun, ihm aus dem Weg zu geh'n, eil' ich zum heil'gen Orte. Reich mir die Schere, dass ich mir abschneide die schönen Haare! Reich mir den Schleier, dass ich hier mich rüste zu der Bahre! Hole den Kämmerer aus dem Haus, dass er meinen Schatz empfange. Er teile ihn den Armen aus; ich hoffe, dass er lange. Was übrig bleibt, reicht für ein Licht zur Ruhe meiner Seele, dass sie sich für den Liebsten nicht in Ewigkeit zerquäle!
Text Authorship:
- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), "Die Nonne", published 1895 [ voice and piano ], from Vier Melodramen, no. 3, Wien : Albert J. Gutmann [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
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