by Richard von Kralik (1852 - 1934)
Die drei Lehren der Nachtigall
Language: German (Deutsch)
Ein Vogelsteller fing einmal im Wald die schönste Nachtigall. „Ach, lass mir doch mein freies Leben, will dir dafür drei Lehren geben; drei weise Lehren, die machen dich zum klügsten Manne sicherlich.“ „Wohlan, lieb Vöglein, so sei frei! Nun sag die Lehren nach der Reih'!“ „So höre denn mein erstes Wort: Was du fest hältst, das lass nicht fort! Ein andermal: Tu solches nicht, was man dir auch dafür verspricht, denn wiss', im Eingeweide mein berg' ich den größten Edelstein. Der hätte dich gar reich gemacht, nun bist du um dein Glück gebracht. Doch eh' du dich ertränkst voll Wut, vernimm die zweite Lehre gut: Hast du einmal ein Ding verloren, bereu' es nicht gleich einem Toren, sonst jagt dir neues Unheil zu, darum, mein Freund, bleib nun in Ruh'. Dann höre meine dritte Lehre: Glaub nicht das, was unglaublich wäre, so sparst du dir viel Reu' und Leid. Ich hab' in meinem Eingeweid' nur das, was jeder Vogel hat.“ Und weiter flog die Nachtigall zum Wald mit frohem Liederschall.
Note provided by Johann Winkler: the 1895 edition of Kralik's setting appears to be missing a line that would rhyme with the antepenultimate line.
Text Authorship:
- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), "Die drei Lehren der Nachtigall", published 1895 [ voice and piano ], from Vier Melodramen, no. 4, Wien : Albert J. Gutmann [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
This text was added to the website: 2025-01-02
Line count: 29
Word count: 170