In einem Dorf, am frühen Morgen, sah ich ein Kirchlein offen stehn, und wie's mir freundlich schien zu winken, trieb mich mein Herz, hinein zu gehn. Nur wenig Beter fand ich knieen, denn Werktag war's, und Erntezeit; ein greiser Priester sprach den Segen und hielt das heil'ge Mahl bereit. Da naht ein Weib sich dem Altare, den zarten Saugling an der Brust, ihr Antlitz schwamm in Doppelglutender Andacht und der Mutterlust. Und als ihr Mund das Brot des Lebens empfangen aus des Priesters Hand, sie's kaum berührt mit ihren Lippen und mit verklärtem Blicke stand: da drückte schnell in hoher Wonne sie an den Mund den Säugling zart, reicht' ihm den Teil der Himmelsspeise, den sie ihm liebend aufbewahrt. O süße Macht der Mutterliebe, du Götterblume dieser Welt, die Alles teilt, den Leib des Herren selbst nicht für sich allein behält; du würdest auch, wie Pelikane die Brust sich öffnen für die Brut, noch deine Kinder wohl ernähren mit deinem Herzensblut.
3 Balladen , opus 116
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Die Dorfkirche
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Joseph Christian Freiherr von Zedlitz (1796 - 1869)
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2. Der alte König
Language: German (Deutsch)
Es geht ein alter König lustwandeln vor seinem Schloss und mit ihm geht der Kummer, der ist sein alter Genoss. Sein Haar, einst schön und golden, ist nun so weiss wie Schnee, sein Blick, einst kühn und feurig, ein nebeltrüber See. Die Wang', einst frisch und glühend, ist nun gefurcht und bleich, das Königsherz im Busen allein nur blieb sich gleich. So geht er hin und sinnet, vom Frühlingshauch umweht, als eine Magd vorm König hold wie ein Röslein steht. Viel gelber sind ihre Locken, als die Krone, mit güldenem Glast; viel blauer sind ihre Augen, als der Stein, der dreingefasst; Viel röther sind ihre Lippen, als des Königs Pupur ist, viel weisser Brust und Stirne, als der Pelz, der ihn umfliesst. Lang' schaut der alte König wohl auf die junge Magd, und was sein Herz erbebet, zu wohl sein Blick nur sagt. Lang schaut auf sie der König und nimmt darauf die Kron', setzt sie aufs Haupt der Schönen und wanket stumm davon.
3. Der Mummelsee
Language: German (Deutsch)
Im Mummelsee, im dunklen See, Da blüh'n der Lilien viele, Sie wiegen sich, sie biegen sich, Dem losen Wind zum Spiele; Doch wenn die Nacht herniedersinkt, Der volle Mond am Himmel blinkt, Entsteigen sie dem Bade Als Jungfern am Gestade. Es bläst der Wind, es saust das Rohr Die Melodie zum Tanze, Die Lilienmädchen schlingen sich, Als wie zu einem Kranze; Und schweben leis' umher im Kreis, Gesichter weiss, Gewänder weiß Bis ihre bleichen Wangen Mit zarter Röte prangen. Es braust der Sturm, es pfeift das Rohr, Es rauscht im Tannenwalde, Die Wolken zieh'n am Monde hin, Die Schatten auf der Halde; Und auf und ab, durch's nasse Gras Dreht sich der Reigen ohne Mass, Und immer lauter schwellen An's Ufer an die Wellen. Da hebt ein Arm sich aus der Flut, Die Riesenfaust geballet Ein triefend Haupt dann, schilfbekränzt Vom langen Bart umwallet, Und eine Donnerstimme schallt, Daß im Gebirg' as widerhallt: »Zurück in eure Wogen, Ihr Lilien ungezogen!« Da stockt der Tanz, die Mädchen schrein, Und werden immer blässer: »Der Vater ruft, hu, Morgenluft! Zurück in das Gewässer!« Die Nebel steigen aus dem Tal, Es dämmert schon der Morgenstrahl, Und Lilien schwanken wieder Im Wasser auf und nieder.
Text Authorship:
- by August Schnezler (1809 - 1853)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Lawrence Snyder) , "The water-lily lake", copyright ©, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Mummelsee", copyright © 2007, (re)printed on this website with kind permission