Johannes ging am hellen Bach Und sah dem Lauf der Wellen nach, Er schritt durch Gras und Blümelein Und schaute wohl mit Liebe drein: Wie frisch das blüht, wie hold zu sehn, O Gott, wie ist die Welt so schön! Die Blümlein lächeln allzumal, Und Alles grünt und quillt im Tal, Da ist kein Kraut, da ist kein Blatt, Das nicht Gefühl vom Leben hat, Des Seyns sich jedes Würmlein freut, Und trüg es noch so schlichtes Kleid, Denn was nur Lebensfunken hegt, Auch Gottes Liebe in sich trägt! Wie nun Johannes liebend sinnt, Ein Würmlein er am Boden findt; War schlicht und grau, gar kein gestalt't, Johannes hätt's zertreten bald. Da hebt er's auf vom Boden fein Und setzt es auf ein Blümelein: O lebe, Würmlein, lebe nur, Dir blüht ja auch die Frühlingsflur. Das Würmlein fühlt sich kaum berührt, Als es die Segenshand verspürt, Entbrannt von reiner Liebesglut Es plötzlich lieblich leuchten tut. Auch wuchsen ihm bald Schwingen an, Die tragen's durch der Lüfte Bahn. Durch Wipfel zieht's bei lauer Nacht, Hell wie ein blitzen der Smaragd, Auf Blumen liegt es weit und breit Wie lichte Sternlein ausgestreut. So ruht es friedlich süß im Grün, In Liebe wird es still verglühn.
Legende, Heft III , opus 35
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. St. Johannes und das Würmlein  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Authorship:
- by Wilhelmina Christiane von Chézy, née Klencke (1783 - 1856)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Johann von Nepomuk  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Böhmenkönig Wenzel: "Ha, Priester, zitt're! nicht verhöhnen Läßt sich des Königs Machtgebot! Sprich, willst du meinen Zorn versöhnen, Der deinen Trotze furchtbar droht? Dein Fürst befiehlt, du mußt gehorchen, Es ist des Untertanen Pflicht, Sonst schwör' ich dir, du siehst schon morgen Des Tages erste Sonne nicht. Die finstern Zweifel, die mich quälen, Ich löse sie mit mächt'ger Hand; Umsonst versuchst du zu verhehlen, Was beichtend dir mein Weib bekannt. Drum nenne frei die Last der Sünden, Die schwer Johannas Busen drückt, Daß mir die Hölenqualen schwinden Wenn ihre Schuld ich klar durchblickt." Johann von Nepomuk: "Herr, nimmer löst der Beuchte Siegel Ein Staubgeborner frevelnd auf, Denn ewig birgt ihr eh'rner Riegel Und hemmt des freien Wortes Lauf. Zum Dienst der Kirche auserkoren, Wie Gott und Welt mir Zeuge war, Hab' ich Verschwiegenheit geschworen Am glanzerfüllten Hochaltar. Drum wolle nicht den Diener richten, Der solch Bekenntnis dir versagt Und in Erfüllung ernster Pflichten Der Erdengüter Größtes wagt. Bedenke, daß der Weltgebieter Ein Richter herrscht im Königshaus; Er winkt, und Thronen stürzen nieder, Und Völker tilgt sein Donner aus. Doch hast du Ändrung nicht beschlossen, Wohl, so versöhne dich mein Blut! Viel reineres ward einst vergossen Zum heil der Welt für höh'res Gut." Wenzel: "Wohlan denn, Haß und Rache kochen In meiner Brust, ich schwör es laut: Dein Urteil hast du selbst gesprochen, Dem leeren Wort zu viel vertraut." Drauf rief er seiner Knechte Scharen, Ein Kerker schließt den Priester ein, Der seinen Eid getreu zu wahren, Trägt heldenkühn die schwere Pein; Heiß betend unter süßen Schauern, Erfleht er Gnade nur von Gott, Nicht Rettung aus den düstern Mauern, Trotz seiner Feinde bitterm Spott. So kommt die Nacht auf dunkeln Schwingen, In Andacht kniet der Fromme dort, Die Angel knarrt, und näher dringen Die Henker ihm, bereit zum Mord. Die Hände, die vor wenig Stunden Der Messe Opfer dargebracht, Sie werden schmachvoll ihm gebunden Durch Wenzels zügellose Macht. Und zu des Moldaustromes Brücke Schleppt ihn die Menge stürmisch hin, Denn es befahl des Wütrichs Tücke, Er finde seinen Tod darin. Die Sterne deckt ein Nebel schleier, In tiefer Stille ruht die Flur, Des Gottgeweihten Leichenfeier Begeht die trauernde Natur. Wild brausend wälzen sich die Fluten, Ans Ufer spritzt der Wellen Schaum, Die drängend nicht im Kampfe ruhten, Als wär zu eng des Bettes Raum. Allein die Priestermörder stählen Wie Erz die Brust. Ins feuchte Grab, Gehorchend ihres Heern Befehlen, Wirft ihn die Rotte kalt hinab. Urplötzlich schweigt das grause Toben Des Flutenmeers, das ihn errafft. Von Wellensanft emporgehoben Schwebt er dahin voll Wunderkraft, Und aus den schwarzen Wogen steigen, Umglänzt vom reinsten Strahlensgold, Fünf Sterne, wie im ew'gen Reigen Jehovah dort sie tönend rollt. Da sinken zitternd Wenzels Schergen, Das Wunder schauend, niederwärts, Am Boden ihre Schuld zu bergen, Gefoltert von der Reue Schmerz. Und singend aus der Wasserhöhle Schwingt sich der Gist des Heil'gen los, Und Engel tragen sanft die Seele Hinauf in Gottes Vatersschoß!
Authorship:
- by Ernst Gebhard Salomon Anschütz (1780 - 1861)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]