by Wilhelmina Christiane von Chézy, née Klencke (1783 - 1856)
St. Johannes und das Würmlein
Language: German (Deutsch)
Johannes ging am hellen Bach Und sah dem Lauf der Wellen nach, Er schritt durch Gras und Blümelein Und schaute wohl mit Liebe drein: Wie frisch das blüht, wie hold zu sehn, O Gott, wie ist die Welt so schön! Die Blümlein lächeln allzumal, Und Alles grünt und quillt im Tal, Da ist kein Kraut, da ist kein Blatt, Das nicht Gefühl vom Leben hat, Des Seyns sich jedes Würmlein freut, Und trüg es noch so schlichtes Kleid, Denn was nur Lebensfunken hegt, Auch Gottes Liebe in sich trägt! Wie nun Johannes liebend sinnt, Ein Würmlein er am Boden findt; War schlicht und grau, gar kein gestalt't, Johannes hätt's zertreten bald. Da hebt er's auf vom Boden fein Und setzt es auf ein Blümelein: O lebe, Würmlein, lebe nur, Dir blüht ja auch die Frühlingsflur. Das Würmlein fühlt sich kaum berührt, Als es die Segenshand verspürt, Entbrannt von reiner Liebesglut Es plötzlich lieblich leuchten tut. Auch wuchsen ihm bald Schwingen an, Die tragen's durch der Lüfte Bahn. Durch Wipfel zieht's bei lauer Nacht, Hell wie ein blitzen der Smaragd, Auf Blumen liegt es weit und breit Wie lichte Sternlein ausgestreut. So ruht es friedlich süß im Grün, In Liebe wird es still verglühn.
Authorship:
- by Wilhelmina Christiane von Chézy, née Klencke (1783 - 1856) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Carl Loewe (1796 - 1869), "St. Johannes und das Würmlein", op. 35 (Legende, Heft III) no. 1, published 1834 [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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