Ein Bäumlein seh' ich ragen Am weissen Winzerhaus. Das will den Menschen sagen: Hier schenkt man neuen aus! Aus feuchten Kellerkammern Still süsses Duften weht! Der Mann ist zu bejammern, Der hier vorübergeht! Es lupft der Wirt die Haube Und streicht den roten Latz! Im Garten in der Laube Ist noch für einen Platz. Er spricht und in den Keller Still lächelnd taucht er ein! Fahr wohl, mein letzter Heller, Es muss geschieden sein! Gott grüss Euch allzusammen Und geb Euch froh Gemüt! Hei, wie die Wangen flammen Und manche Nase glüht! Es trank die Traube heuer Sich satt am Sonnenlicht! Drum strahlt wie rotes Feuer Der Trinker Angesicht! Am Zechtisch sitzt behaglich Der Pfarrer oben an. Wer besser trinkt ist fraglich, Er oder der Kaplan? Schulmeister durch die Brille Blickt kreuzfidel umher Und trinkt in aller Stille Den dritten Schoppen leer! Amtsschreiber nippt manierlich Nach feiner Städter Art. Der Förster minder zierlich Taucht in das Glas den Bart! Des Dorfes kluger Bader Den schweren Humpen hebt; Ich glaub' der Mann kam grader, Als er nach Hause schwebt. Es wandelt auf und nieder Ein Mägdlein braun und rund. Rot, wie an ihrem Mieder Die Nelken, ist ihr Mund. Es macht die flinke Kleine Kein freies Scherzwort bang. Nun fehlt zu Weib und Weine Nichts weiter als Gesang! Der Meister von der Schule Wischt sich die Lippen ab. Jetzt steht er auf dem Stuhle Und schwingt zum Takt den Stab Und zu der Gläser Läuten Klingt durch die Laube hin: Ich weiss nicht was soll es bedeuten, Dass ich so traurig bin!
Vier Gesänge , opus 62
by Felix (August Bernhard) Draeseke (1835 - 1913)
1. Beim neuen Wein
Language: German (Deutsch)
2. Drei Kameraden
Language: German (Deutsch)
Es sassen drei Kameraden Am Tisch und tranken Wein. Wirtstöchterlein im Gaden Zog emsig ihren Faden. Ihr Haar gab goldnen Schein! Die Spindel geht im Kreis herum, Das Mädel schaut nach Keinem um. Der erste sprach: ich scheide, Im Herzen trag' ich Weh! Du weisst! wie schwer ich leide, Vielliebe Augenweide, Und bist so kalt wie Schnee! Die Spindel geht im Kreis herum, Das Mädel schaut nach Keinem um! Es drückte in die Stirne Der Zweite sich den Hut. "Es sitzt der eitlen Dirne Die Hoffart im Gehirne, Ich bin für sie zu gut!" Die Spindel geht im Kreis herum, Das Mädel schaut nach Keinem um! Da bleibt allein der Dritte. Der sprang vom Tisch geschwind, Und ohne Frag' und Bitte Nahm er sie um die Mitte, Das blondgezöpfte Kind. Die Spindel stockt - der Faden bricht! Was mehr geschah, verrat ich nicht.
Text Authorship:
- by Rudolph Baumbach (1840 - 1905), appears in Frau Holde
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3. Voll Mass
Language: German (Deutsch)
Nicht weit von hier im Walde lag Vor Alters eine Schenke. Dort rann vom Zapfen Tag für Tag Das edelste Getränke. Doch war der Wirt ein Bösewicht, Er schenkte keinem Gaste nicht Voll Mass! Da kam einmal im Pilgerkleid Vor langen, langen Jahren Ein Mann von Durst und Frömmigkeit Vom heil'gen Land gefahren. "Herr Wirt, ein Krüglein Weizenbier! Zu deinem Heile rat ich dir: Voll Mass!" Der arge Wirt, man glaubt es kaum, Dem frommen Gottesmanne Drei Finger Bier und sieben Schaum Kredenzt er in die Kanne, Und trug sie lächelnd vor ihn hin Und sprach mit hinterlistem Sinn: "Voll Mass!" Der Gast mit finsterem Gesicht Tat in die Kanne sehen, Trank aus, stand auf, bezahlte nicht Und murmelte im Gehen: "Für dein gespritztes Weizenbier Sei Strafe einst gemessen Dir: Voll Mass!" Der Wirt, als ihn der Tod gemäht, Fand einen strengen Richter. Um Mitternacht er spuken geht Und bläst auf einem Trichter; Der Wandrer kriegt die Gänsehaut, Vernimmt er seinen Klagelaut: "Voll Mass!" Mir selber ward die Schauermär An Ort und Stell' berichtet, Und jedem Wirt zu Nutz und Lehr' Hab' ich dies Lied gedichtet! Herr Wirt, schaut nicht so sauer drein! Da nehmt den Krug und schenkt mir ein: Voll Mass!
4. 'Naus
Language: German (Deutsch)
Der Römeradler hielt den Rhein In seinen starken Fängen, Und Kaiser Probus baute Wein An allen Bergeshängen! Es streckten nach dem Schwerte Die Hand die Deutschen aus Und brummten in die Bärte: 'Naus, 'naus, 'naus! Da sprach mit List die weise Frau Beim Fest der Sonnenwenden: Geduld! Lasst erst den Rebenbau Das Römervolk vollenden. Füllt süsser Most die Schläuche Mit gährendem Gebraus, Dann Kinder, werft die Gäuche 'Naus, 'naus, 'naus! Des weisen Weibes Runenreim Behagte bass den Leuten. Sie tranken aus und gingen heim Zu ihren Bärenhäuten. Es schlief jedweder Brave Den Sonnenwendrausch aus, Und lallte noch im Schlafe: 'Naus, 'naus, 'naus! Sie dämpften ihren Heldenzorn, Sie jagten, tranken, träumten, Bis dass in Schlauch und Wiesenthorn Des Weines Wellen schäumten. Das Horn ging um im Kreise Beim nächsten Julfestschmaus Zur wilden Schlachtenweise 'Naus, 'naus, 'naus! Die Deutschen schon am andern Tag Das Rachewerk begannen. Was ihren Schwertern nicht erlag, Im Eilmarsch zog von dannen. Herrn Cajus und Herrn Titus Erfasste kalter Graus Beim Tönen des Baritus: 'Naus, 'naus, 'naus! Vom Feinde lernst du jederzeit, Auch noch in unsern Tagen. Doch macht der Feind bei dir sich breit, Dann fasse ihn am Kragen, Dann wahre dir dein Hausrecht, Und wirf ihn aus dem Haus, Selbst oder mittelst Hausknecht: 'Naus, 'naus, 'naus!