Bedeckt von Moos und Schorfe,
Ein Eichbaum hoch und stark
Steht bei Wöbblin, dem Dorfe,
In Mecklenburger Mark.
Darunter ist von Steine
Ein neues Grab gemacht,
Draus steigt im Mondenscheine
Ein Geist um Mitternacht.
Er richtet auf die Rinden
Des Baums den Blick und liest
Den Namen, der zu finden
Dort eingegraben ist.
Dann sucht er mit den Händen
Ein Schwert, das liegt am Ort,
Und gürtet um die Lenden
Sich dieses Schwert sofort.
Greift dann nach einer Leier,
Nimmt sie vom Ast herab,
Und setzt in stiller Feier
Sich singend auf sein Grab:
Ich war in Jugendbrause
Ein rascher Reitersmann,
Bis hier im dunklen Hause
Ich Ruh und Rast gewann.
Ich war ein freier Jäger
In Lützows wilder Schar,
Und auch ein Zitherschläger,
Mein Schwertlied klang so klar!
Nun reiten die Genossen
Allein auf ihrer Fahrt
Da ich vom Ross geschossen
Und hier begraben ward.
Ihr mögt nur weiter traben,
Bis daß ihr kommt ans Ziel.
Ihr habet mich begraben,
Wie es mir wohlgefiel!
Es sind die beiden Lieben,
Die mir im Leben wert,
Im Tode mir geblieben,
Die Leier und das Schwert.
Ich seh' auch meinen Namen,
Daß er unsterblich sei,
Geschnitten in den Rahmen
Der Eiche schön und frei.
Es sind die schönsten Kränze
Gegeben meiner Gruft,
Die sich in jedem Lenze
Erneu'n mit frischem Duft.
Die Eich' ob meiner Scheitel,
Wie ist der Kranz so gross!
Mein Ringen war nicht eitel,
Ich ruh' in ihrem Schoss!
Man hat in Fürstengrüften
Bestatten mich gewollt;
Hier in den frischen Düften
Ihr ruhn mich lassen sollt!
...
Gedenkblätter. Zwei Gedichte von Fr. Rückert
Song Cycle by Felix (August Bernhard) Draeseke (1835 - 1913)
1. Körners Geist
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Friedrich Rückert (1788 - 1866)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]2. Die drei Gesellen
Language: German (Deutsch)
Es waren drei Gesellen, Die stritten wider'n Feind, Und taten stets sich stellen In jedem Kampf vereint. Der ein' ein Österreicher, Der andr' ein Preuße hieß, Davon sein Land mit gleicher Gewalt ein jeder pries. Woher war denn der dritte? Nicht her von Östreichs Flur, Auch nicht von Preußens Sitte, Von Deutschland war er nur. Und als die drei einst wieder Standen im Kampf vereint, Da warf in ihre Glieder Kartätschensaat der Feind! Da fielen alle Dreie Auf einen Schlag zugleich; Der eine rief mit Schreie: Hoch lebe Österreich! Der andre, sich entfärbend, Rief: Preußen lebe hoch! Der dritte, ruhig sterbend, Was rief der dritte doch? Er rief: Deutschland soll leben! Da hörten es die zwei, Wie rechts und links daneben Sie sanken nah' dabei; Da richteten im Sinken Sich beide nach ihm hin, Zur Rechten und zur Linken, Und lehnten sich an ihn. Da rief der in der Mitte Noch einmal: Deutschland hoch! Und beide mit dem dritten Riefen's, und lauter noch! Da ging ein Todesengel Im Kampfgewühl vorbei, Mit einem Palmenstengel, Und liegen sah die drei. Er sah auf ihrem Munde Die Spur des Wortes noch, Wie sie im Todesbunde Gerufen: Deutschland hoch! Da schlug er seine Flügel Um alle drei zugleich Und trug zum höchsten Hügel Sie auf in Gottes Reich.
Text Authorship:
- by Friedrich Rückert (1788 - 1866)
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