Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn, wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören, und ohne Füße kann ich zu dir gehn, und ohne Mund noch kann ich dich beschwören. Brich mir die Arme ab, ich fasse dich mit meinem Herzen wie mit einer Hand, halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen, und wirfst du in mein Hirn den Brand, so werd ich dich auf meinem Blute tragen.
Sieben Lieder
Song Cycle by Stefan Lano (b. 1952)
1. Lösch mir die Augen aus  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Lösch mir die Augen aus", appears in Das Stundenbuch, in 2. Das Buch von der Pilgerschaft, no. 7
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Wenn es nur einmal so ganz stille wäre  [sung text not yet checked]
Wenn es nur einmal so ganz stille wäre. Wenn das Zufällige und Ungefähre verstummte und das nachbarliche Lachen, wenn das Geräusch, das meine Sinne machen, mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -: Dann könnte ich in einem tausendfachen Gedanken bis an deinen Rand dich denken und dich besitzen (nur ein Lächeln lang), um dich an alles Leben zu verschenken wie einen Dank.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Wenn es nur einmal so ganz stille wäre", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 7, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Si juste une fois encore tout était si calme", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, pages 159-160.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
3. Ich finde dich in allen diesen Dingen  [sung text not yet checked]
Ich finde dich in allen diesen Dingen, denen ich gut und wie ein Bruder bin; als Samen sonnst du dich in den geringen und in den großen giebst du groß dich hin. Das ist das wundersame Spiel der Kräfte, dass sie so dienend durch die Dinge gehn: in Wurzeln wachsend, schwindend in die Schäfte und in den Wipfeln wie ein Auferstehn.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich finde dich in allen diesen Dingen", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 22, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Je te trouve en toutes ces choses", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
4. O das Neue, Freunde  [sung text not yet checked]
O das Neue, Freunde, ist nicht dies, dass Maschinen uns die Hand verdrängen. Lasst euch nicht beirrn von Übergängen, bald wird schweigen, wer das "Neue" pries. Denn das Ganze ist unendlich neuer, als ein Kabel und ein hohes Haus. Seht die Sterne sind ein altes Feuer, und die neuern Feuer löschen aus. Glaubt nicht, dass die längsten Transmissionen schon des Künftigen Räder drehn. Denn Aeonen reden mit Aeonen. Mehr, als wir erfuhren, ist geschehen. Und die Zukunft fasst das Allerfernste rein in eins mit unserm innern Ernste.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Sonett", appears in Die Gedichte 1922-1926
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rilke.de/gedichte/sonett.htm
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
5. So bin ich nur als Kind erwacht  [sung text not yet checked]
So bin ich nur als Kind erwacht, so sicher im Vertraun nach jeder Angst und jeder Nacht dich wieder anzuschaun. Ich weiß, sooft mein Denken misst, wie tief, wie lang, wie weit - : du aber bist und bist und bist, umzittert von der Zeit. Mir ist, als wär ich jetzt zugleich Kind, Knab und Mann und mehr. Ich fühle: nur der Ring ist reich durch seine Wiederkehr. Ich danke dir, du tiefe Kraft, die immer leiser mit mir schafft wie hinter vielen Wänden; jetzt ward mir erst der Werktag schlicht und wie ein heiliges Gesicht zu meinen dunklen Händen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "So bin ich nur als Kind erwacht", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 62
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Aus einer Kindheit  [sung text not yet checked]
Das Dunkeln war wie Reichtum in dem Raume, darin der Knabe, sehr verheimlicht, saß. Und als die Mutter eintrat wie im Traume, erzitterte im stillen Schrank ein Glas. Sie fühlte, wie das Zimmer sie verriet, und küßte ihren Knaben : Bist du hier? ... Dann schauten beide bang nach dem Klavier, denn manchen Abend hatte sie ein Lied, darin das Kind sich seltsam tief verfing. Es sa sehr still. Sein großes Schauen hing an ihrer Hand, die ganz gebeugt vom Ringe, als ob sie schwer in Schneewehn ginge, über die weißen Tasten ging.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Aus einer Kindheit", appears in Das Buch der Bilder
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Leipzig: Insel-Verlag, 1913, p.25
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
7. Verkündigung: Die Worte des Engels  [sung text not yet checked]
Die Worte des Engels Du bist nicht näher an Gott als wir; wir sind ihm alle weit. Aber wunderbar sind dir die Hände benedeit. So reifen sie bei keiner Frau, so schimmernd aus dem Saum: ich bin der Tag, ich bin der Tau, du aber bist der Baum. Ich bin jetzt matt, mein Weg war weit, vergieb mir, ich vergaß, was Er, der groß in Goldgeschmeid wie in der Sonne saß, dir künden ließ, du Sinnende, (verwirrt hat mich der Raum). Sieh: ich bin das Beginnende, du aber bist der Baum. Ich spannte meine Schwingen aus und wurde seltsam weit; jetzt überfließt dein kleines Haus von meinem großen Kleid. Und dennoch bist du so allein wie nie und schaust mich kaum; das macht: ich bin ein Hauch im Hain, du aber bist der Baum. [Die Engel alle bangen so, lassen einander los: noch nie war das Verlangen so, so ungewiss und groß. Vielleicht, dass Etwas bald geschieht, das du im Traum begreifst.]1 Gegrüßt sei, meine Seele sieht: du bist bereit und reifst. Du bist ein großes, hohes Tor, und aufgehn wirst du bald. Du, meines Liedes liebstes Ohr, jetzt fühle ich: mein Wort verlor sich in dir wie im Wald. So kam ich und vollendete dir tausendeinen Traum. Gott sah mich an; er blendete... Du aber bist der Baum.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Verkündigung", written 1899
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View original text (without footnotes)1 omitted by T. Schubert.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]