Nacht. O du in Tiefe gelöstes Gesicht an meinem Gesicht. Du, meines staunenden Anschauns größtes Übergewicht. Nacht, in meinem Blicke erschauernd, Aber in sich so fest; Unerschöpfliche Schöpfung, dauernd Über dem Erdenrest; Voll von jungen Gestirnen, die Feuer Aus der Flucht ihres Saums Schleudern ins lautlose Abenteuer Des Zwischenraums: Wie, durch dein bloßes Dasein, erschein ich, Übertrefferin, klein —; Doch, mit der dunkelen Erde einig, Wag ich es, in dir zu sein.
Nachtstücke after Rilke
Song Cycle by David Plylar (b. 1978)
1. Aus dem Umkreis: Nächte  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1924
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, in Europäische Revue, Band 1, Der neur-geist Verlag, 1925, p.48
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2. Der Tod  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Da steht der Tod, ein bläulicher Absud in einer Tasse ohne Untersatz. Ein wunderlicher Platz für eine Tasse: steht auf dem Rücken einer Hand. Ganz gut erkennt man noch an dem glasierten Schwung den Bruch des Henkels. Staubig. Und: >Hoff-nung< an ihrem Bug in aufgebrauchter Schrift. Das hat der Trinker, den der Trank trifft, bei einem fernen Frühstück ab-gelesen. Was sind das für Wesen, die man zuletzt wegschrecken muss mit Gift? Blieben sie sonst? Sind sie denn hier vernarrt in dieses Essen voller Hindernis? Man muss ihnen die harte Gegenwart ausnehmen, wie ein künstliches Gebiss. Dann lallen sie. Gelall, Gelall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O Sternenfall, von einer Brücke einmal eingesehn - : Dich nicht vergessen. Stehn!
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Der Tod", written 1915, first published 1919
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Appeared in the Insel-Almanach of 1919.
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Abend  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Der Abend wechselt langsam die Gewänder, die ihm ein Rand von alten Bäumen hält; du schaust: und von dir scheiden sich die Länder, ein himmelfahrendes und eins, das fällt; und lassen dich, zu keinem ganz gehörend, nicht ganz so dunkel wie das Haus, das schweigt, nicht ganz so sicher Ewiges beschwörend wie das, was Stern wird jede Nacht und steigt – und lassen dir (unsäglich zu entwirrn) dein Leben, bang und riesenhaft und reifend, so daß es, bald begrenzt und bald begreifend, abwechselnd Stein in dir wird und Gestirn.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Abend", appears in Das Buch der Bilder
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Das Buch der Bilder, Zweite sehr vermehrte Auflage, Berlin, Leipzig, Stuttgart: Axel Junker Verlag, 1906, 1. Buch, Teil 2, page 58.
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