Du, der du weißt, und dessen weites Wissen aus Armut ist und Armutsüberfluss: Mach, dass die Armen nichtmehr fortgeschmissen und eingetreten werden in Verdruss. Die andern Menschen sind wie ausgerissen; sie aber stehn wie eine Blumen-Art aus Wurzeln auf und duften wie Melissen und ihre Blätter sind gezackt und zart.
Von der Armuth
Song Cycle by Ary Verhaar
1. Du, der du weißt  [sung text not yet checked]
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Du, der du weißt", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 18
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Sie sind so still  [sung text not yet checked]
Sie sind so still; fast gleichen sie den Dingen. Und wenn man sich sie in die Stube lädt, sind sie wie Freunde, die sich wiederbringen, und gehn verloren unter dem Geringen und dunkeln wie ein ruhiges Gerät. Sie sind wie Wächter bei verhängten Schätzen, die sie bewahren, aber selbst nicht sahn, - getragen von den Tiefen wie ein Kahn, und wie das Leinen auf den Bleicheplätzen so ausgebreitet und so aufgetan.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Sie sind so still; fast gleichen sie den Dingen", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 20
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Sie haben Leid  [sung text not yet checked]
Und sieh, wie ihrer Füße Leben geht: wie das der Tiere, hundertfach verschlungen mit jedem Wege; voll Erinnerungen an Stein und Schnee und an die leichten, jungen gekühlten Wiesen, über die es weht. Sie haben Leid von jenem großen Leide, aus dem der Mensch zu kleinem Kummer fiel; des Grases Balsam und der Steine Schneide ist ihnen Schicksal, - und sie lieben beide und gehen wie auf deiner Augen Weide und so wie Hände gehn im Saitenspiel.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Und sieh, wie ihrer Füße Leben geht", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 21
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Und wenn Sie schlafen  [sung text not yet checked]
Und wenn sie schlafen, sind sie wie an alles zurückgegeben was sie leise leiht, und weit verteilt wie Brot in Hungersnöten an Mitternächte und an Morgenröten, und sind wie Regen voll des Niederfalles in eines Dunkels junge Fruchtbarkeit. Dann bleibt nicht eine Narbe ihres Namens auf ihrem Leib zurück, der keimbereit sich bettet wie der Samen jenes Samens, aus dem du stammen wirst von Ewigkeit.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Und wenn sie schlafen, sind sie wie an alles", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 25
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Und sieh  [sung text not yet checked]
Und sieh: ihr Leib ist wie ein Bräutigam und fließt im Liegen hin gleich einem Bache, und lebt so schön wie eine schöne Sache, so leidenschaftlich und so wundersam. In seiner Schlankheit sammelt sich das Schwache, das Bange, das aus vielen Frauen kam; doch sein Geschlecht ist stark und wie ein Drache und wartet schlafend in dem Tal der Scham.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Und sieh: ihr Leib ist wie ein Bräutigam", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 26
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Sie werden leben  [sung text not yet checked]
Denn sieh: sie werden leben und sich mehren und nicht bezwungen werden von der Zeit, und werden wachsen wie des Waldes Beeren den Boden bergend unter Süßigkeit. Denn selig sind, die niemals sich entfernten und still im Regen standen ohne Dach; zu ihnen werden kommen alle Ernten, und ihre Frucht wird voll sein tausendfach. Sie werden dauern über jedes Ende und über Reiche, deren Sinn verrinnt, und werden sich wie ausgeruhte Hände erheben, wenn die Hände aller Stände und aller Völker müde sind.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Denn sieh: sie werden leben und sich mehren", written 1903, appears in Das Stundenbuch, in 3. Das Buch von der Armut und dem Tode, no. 27
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