Wie mir Blut und Atem stockte, Süßer Schreck mein Herz befing, Als die schöne Blondgelockte Heut an mir vorüberging! Kaum vermocht' ich sie zu grüßen; Wie verzaubert blieb ich stehn, Lang noch den beschwingten Füßen Im Enteilen nachzusehn. War's das Haar, das fein und golden Leicht sich kraust' um Stirn und Schlaf? War's ein Strahl aus diesen holden Blauen Augen, der mich traf? War's ihr Gang, der reizend schwebte? Dieser Mund, der schweigend sprach? Meine ganze Seele bebte, Und noch immer bebt sie nach. Also bebt wohl bis zum Grunde Der Jasminbusch wonnevoll, Wenn er spürt, es kam die Stunde, Da er wieder blühen soll.
Sechs Jugendlieder von Emanuel Geibel für eine Singstimme mit Pianofortebegleitung
Song Cycle by Moritz Weyermann (1832 - 1888)
1. Wie mir Blut und Athem stockte  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 1
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. O sprich, was willst du dich schämen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
O sprich, was willst du dich schämen, Daß ich dich, Weinende, sah? Es wohnen Lieben und Grämen Im jungen Herzen so nah. Nimm hier im blühenden Moose Dein lieblich Gleichnis in acht: Am Tage lächelt die Rose Und steht in Tränen bei Nacht.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 3
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Im Walde lockt der wilde Tauber  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Im Walde lockt der wilde Tauber, Am stillen See der Weißdorn blüht, Da kommt der alte Frühlingszauber Gewaltig über mein Gemüt. Mir ist, als sollt' ich Flügel dehnen Ins klarvertiefte Blau dahin; Mein Auge schwillt von heißen Tränen, Und doch in Freuden steht mein Sinn. Geheimnisvolle Glut ergreift mich Bei tiefer Nacht oft wunderbar, Und wie mit süßer Ahnung streift mich Im Traum ein flatternd Lockenhaar. Und morgens dann in roter Frühe Erwacht mein Herz so reich und froh, Als wüßt' es, daß sein Glück schon blühe, Und müßte nur noch raten, wo?
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 2
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Seit ich trat in deine Kreise  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Seit ich trat in deine Kreise, Goldgelockte Zauberin, Ward ich frohgemut und weise, Froh und weise wie Merlin. Wie der Falter im Entpuppen Dringt mein Sinn befreit empor; Mir vom Auge fiel's wie Schuppen, Und erschossen ward mein Ohr. Jetzt versteh' ich, was im Bache Singt und klingt mit frohem Schall, Und der Blumen stille Sprache Und den Schlag der Nachtigall; Lerne, was der Frühwind flüstert, Wenn's im Walde blüht und lenzt, Was aus Kluft und Wolke düstert, Was aus Sternen niederglänzt. Ach, und frag' ich dann mit Liedern In dies Stimmgewog' im Kreis, Kommt so lieblich ein Erwidern, Daß ich's kaum zu fassen weiß. Weißt du, Kind, was all das Schallen Laut und leise mir erzählt? »Daß dein Herz getreu vor allen, Ach, und daß es mich erwählt.«
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 4
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Wir sassen im offenen Gartensaal  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Wir saßen im offenen Gartensaal, Versunken war die Sonne; In wilden Zweifeln ging mein Herz, Im Sturm von Weh und Wonne. Da schlug im Busch die Nachtigall, Und plötzlich unter Tränen In sel'gen Schaudern fühlt' ich dich An meinem Herzen lehnen. Und stille ward's, es kam die Nacht Geschlichen auf den Zehen Und deckt' uns zu, daß unser Glück Die Lilien nicht sähen; Sie wären geworden feuerrot Vor Lust und vor Verlangen, Rot wie dein Mund, der mich geküßt, Und wie deine brennenden Wangen.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 5
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Sei gesegnet das Haus  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Sei gesegnet das Haus und gesegnet die Flur, Wo ein Herz einst das Wunder, zu lieben, erfuhr! Denn die Lieb' ist der Strahl, der aus Eden uns blieb, Als der Engel des Schwertes den Ahnherrn vertrieb. O selig Geheimnis, das keiner errät, Wenn, was jüngst noch so fremd war, sich schauernd versteht, Und erlöst von dem Selbst, das in Asche verstiebt, Sich die Seele der Seele zu eigen ergibt! Da weht es wie Frühling vom Himmel ins Herz, Und es blühn die Gedanken wie Veilchen im März; Du vollendest im Spiel, was dir nimmer gelang, Und das Auge wird Glanz, und das Wort wird Gesang. Wohl enteilt sie geflügelt, die köstliche Zeit, Und mit Scheiden und Meiden kommt einsames Leid. Doch die Träne der Sehnsucht, entrollt sie auch heiß, Ist süßer als Lust, die von Liebe nicht weiß. Drum gesegnet das Haus und gesegnet die Flur, Wo ein Herz einst das Wunder, zu lieben, erfuhr! Denn die Lieb' ist der Strahl, der aus Eden uns blieb, Als der Engel des Schwertes den Ahnherrn vertrieb.
Text Authorship:
- by Emanuel von Geibel (1815 - 1884), no title, appears in Gedichte und Gedenkblätter, in Zwölf Jugendlieder, no. 6
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