Freundlich wehn die Abendwinde, Schimmern Mond und Sterne; Und das Schiff, so leicht und linde, Trägt mich nach der Ferne. Fried und Liebe, hold verbunden, Schweben auf der Tiefe, Ob der Tod mit seinen Wunden Nun auf immer schliefe. Sinnend starr ich nach dem hellen, Grenzenlosen Meere, Nach des Mondes und der Wellen Heimlichem Verkehre; Plötzlich seh ich rasche Wogen Aus der Tiefe springen, Die da kommen hergezogen, Einen Gruß zu bringen. Ists ein Gruß von Tiefverbannten An die Sternenlichter? Gilt das Grüßen dem verwandten Ahnungsvollen Dichter? Tiefewärts mit süßem Zwange Zieht es mich zu schauen, Mit geheimnisvollem Drange Zu den Seejungfrauen. Ja, von euch, ihr Rätselhaften, Kam dies volle Rauschen, Dran die Seele sehnend haften Muß und niederlauschen. Ward euch ahnend eine Kunde Im Korallenhage, Daß ein warmes Herz zur Stunde Euch vorüberschlage? Glücklich die Piloten waren, Denen ihr erschienen Mit den schönen, wunderbaren, Lieblich fremden Mienen! Könnt ich tauchen nieder, nieder Bis in eure Nähen! Könnt ich eurer schlanken Glieder Leisen Wandel sehen! Sehen euch den Reigen üben, Schwesterlich verschlungen, Schweigend in den ewig trüben Meeresdämmerungen!
Atlantica, Drei Lieder von N. Lenau für eine tiefe Stimme mit Pianoforte
Song Cycle by Hugo Riemann (1849 - 1919)
1. Seejungfrauen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Nikolaus Lenau (1802 - 1850), "Die Seejungfrauen", written 1832
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Meeresstille  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Stille! -- Jedes Lüftchen schweiget, Jede Welle sank in Ruh, Und die matte Sonne neiget Sich dem Untergange zu. Ob die Wolke ihn belüde Allzutrübe, allzuschwer, Leget sich der Himmel, müde, Nieder auf das weiche Meer. Und vergessend seiner Bahnen, Seines Zieles, noch so weit! Ruht das Schiff mit schlaffen Fahnen In der tiefen Einsamkeit. Daß den Weg ein Vogel nähme, Meinem Aug ein holder Fund! Daß doch nur ein Fischlein käme, Fröhlich tauchend aus dem Grund! Doch kein Fisch, der sich erhübe, Und kein Vogel kommen will. Ist es unten auch so trübe? Ist es unten auch so still? -- Wie mich oft in grünen Hainen Überrascht' ein dunkles Weh, Muß ich nun auch plötzlich weinen, Weiß nicht wie? -- hier auf der See. Trägt Natur auf allen Wegen Einen großen, ewgen Schmerz, Den sie mir als Muttersegen Heimlich strömet in das Herz? O, dann ist es keine Lüge, Daß im Schoß der Wellennacht In verborgener Genüge Ein Geschlecht von Menschen wacht. Dort auch darf der Freund nicht fehlen, Wie im hellen Sonnentag, Dem Natur ihr Leid erzählen, Der mit ihr empfinden mag. Doch geheim ist seine Stelle Und Geheimnis, was er fühlt, Dem die Tränen an der Quelle Schon das Meer von dannen spült.
Text Authorship:
- by Nikolaus Lenau (1802 - 1850), "Meeresstille", written 1832
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Seemorgen  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Der Morgen frisch, die Winde gut, Die Sonne glüht so helle, Und brausend geht es durch die Flut; Wie wandern wir so schnelle! Die Wogen stürzen sich heran; Doch wie sie auch sich bäumen, Dem Schiff sich werfend in die Bahn, In toller Mühe schäumen: Das Schiff voll froher Wanderlust Zieht fort unaufzuhalten, Und mächtig wird von seiner Brust Der Wogendrang gespalten; Gewirkt von goldner Strahlenhand Aus dem Gesprüh der Wogen, Kommt ihm zur Seit ein Irisband Hellflatternd nachgeflogen. So weit nach Land mein Auge schweift, Seh ich die Flut sich dehnen, Die uferlose; mich ergreift Ein ungeduldig Sehnen. Daß ich so lang euch meiden muß, Berg, Wiese, Laub und Blüte! -- Da lächelt seinen Morgengruß Ein Kind aus der Kajüte. Wo fremd die Luft, das Himmelslicht, Im kalten Wogenlärme, Wie wohl tut Menschenangesicht Mit seiner stillen Wärme!
Text Authorship:
- by Nikolaus Lenau (1802 - 1850), "Seemorgen", written 1832
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]Total word count: 518