by Gottfried Keller (1819 - 1890)
Die Spinnerin See original
Language: German (Deutsch)
1
Rinne sanft, du weiche Welle,
Schöner Flachs, durch meine Hände,
Dass ich dich mit stiller Schnelle
Fein zum goldnen Faden wende!
Du Begleiter meiner Tage
Wirst nun bald zum Tuch erhoben,
Dem ich alle Lust und Klage
Singend, betend eingewoben.
Wie so schwer bist du von Tränen,
Schwer von Märchen und von Träumen,
Wie so schwer vom schwülen Sehnen
Nach des Lebens Myrtenbäumen!
Ahnt wohl er, du traute Linne,
Welch geheimnisvolle Dinge,
Welchen Schatz der tiefsten Minne
Ich mit dir ins Haus ihm bringe?
Kühler Balsam seinen Wunden
Sollst du werden, mein Gewebe -
Wohl ihm, dass er mich gefunden
Unter dieses Gartens Rebe!
Wie durchdringt mich das Bewusstsein,
Dass ich ganz sein Glück soll werden
Und das Kleinod seiner Brust sein,
Und sein Himmel auf der Erden!
...
Composition:
- Set to music by Siegmund von Hausegger (1872 - 1948), "Die Spinnerin", stanzas 1-6 [ voice and piano ]
Text Authorship:
- by Gottfried Keller (1819 - 1890), "Die Spinnerin"
See other settings of this text.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2011-08-17
Line count: 50
Word count: 235