by Friedrich Rückert (1788 - 1866)
Rückert‑Liederbuch. Ghasel See original
Language: German (Deutsch)
Wo jagt ihr nun, scherzende Morgenwinde, meine Gaselle?
Wo gehst du nun weiden im Abendwinde? meine Gaselle!
Bin ich doch dem Rauschen des Wiesenbaches still nachgegangen,
Ob ich an der Frühlingstränke dich finde, meine Gaselle!
Dann habe ich mich bei dem Tau der Blumen mit Fleiß erkundigt,
Dass deines Fußes Spur mir nicht entschwinde, meine Gaselle!
Meine Gasell' ist ein rasches Mädchen, flügligen Schrittes,
Es trägt um ihr Haupt ein Rosengewinde meine Gaselle!
Habt ihr meine Gaselle nicht gesehen? Ketten aus Rosen
Hab ich so, dass sanft ich binde meine Gaselle.
Nimm dich in Acht, wenn über die schroffen Klippen du springest,
Dass dich nicht fallen lassen die Winde, meine Gaselle!
Nimm dich in Acht, es lauern die Jäger dort im Gebirge;
Dass dich nicht treffe der Schütz, der blinde, meine Gaselle!
Ach, da bist du getroffen, gestürzet, eh' du es dachtest,
Eh' wir's dachten, gestürzt wie geschwinde, meine Gaselle!
Ist nun dein heiteres Auge geschlossen ewig, dass nimmer
Seinen reizenden Blick ich empfinde, meine Gaselle!
Horch, Schneeglöckchen aus jenem Tale, wo du sie suchtest,
Suchen dich, rufen dich, locken dich linde, meine Gaselle!
Und du hörst nicht deine Blumengespielen, hörest nicht deine
Mutter, die ruft nach dem raschen Kinde: meine Gaselle!
...
Rose des Lebens! Lilie des Todes! ruh! und im Grabe
Seien Blumen dein Spielgesinde, meine Gaselle!
Composition:
- Set to music by Rudi Spring (b. 1962), "Rückert-Liederbuch. Ghasel", op. 94b (2017), lines 1-22,25-26 [ soprano and piano ]
Text Authorship:
- by Friedrich Rückert (1788 - 1866), "Meine Gaselle", appears in Östliche Rosen, in 2. Zweite Lese
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Researcher for this page: Rudi Spring
This text was added to the website: 2025-06-19
Line count: 26
Word count: 244