by (Christian) Friedrich Hebbel (1813 - 1863)
Liebeszauber See original
Language: German (Deutsch)
Schwül wird diese Nacht. Am Himmelsbogen Ziehn die Wolken dichter sich zusammen, Breit beglänzt von Wetterleuchtens Flammen Und von roten Blitzen scharf durchzogen. Alles Leben ist in sich verschlossen, Kaum nur, daß ich mühsam Atem hole; Selbst im Beete dort die Nachtviole Hat den süßen Duft noch nicht ergossen. Jedes Auge wär schon zugefallen, Doch die Herzen sind voll Angst und zittern Vor den zwei sich kreuzenden Gewittern, Deren Donnergrüße bald erschallen. ... ... Beim Lampenlichte Sitzt sie, in die weiße Hand das Köpfchen Stützend, mit noch aufgeflochtnen Zöpfchen, Stillen Schmerz im blassen Angesichte. Horch, der erste Donnerschlag! Es krachen Tür und Tor! ... Sie erhebt sich. ... ... ... , schon knarrt die Tür. Da kommt sie. ... Rasch an mir vorbei! ... ... Doch wohin? Halt ein! Dein Herz muß klopfen! Rastlos donnerts ja, zur Feuergarbe Schwillt der Blitz, blutrot wird seine Farbe, Und noch immer fällt kein milder Tropfen. ... Hier zieht der Wald sich düster, und dort wohnt die Alte an der Rüster die in mancher dunklen Kunst geübte. Da ist die Hütte! ... , sie pocht. Man öffnet ihr. Ich spähe Durch den Ritz. ... - - Ein Kreis! Sie in der Mitte! Wie sie da steht, fast zum Schnee erbleichend, Und die Alte, in der Ecke kauernd, Dreht ein Bild aus Wachs. Sie sieht es schauernd. Jetzt spricht die zu ihr, das Bild ihr reichend: Zieh dir nun die Nadel aus den Haaren, Rufe den Geliebten, laut und deutlich, Und durchstich dies Bild, dann wirst du bräutlich Ihn umfangen und ihn dir bewahren. ... Wie sie zögert! Wie sie mit Erröten In die Locken greift und eine Nadel Auszieht auf der Alten stummen Tadel Und noch säumt, als gälte es, zu töten! Endlich zückt sie die, und - meine Sinne Reißen! - ruft - hinein! Zu ihren Füßen! - Ruft mich selbst mit Worten, stammelnd-süßen, Als den einen, den sie heimlich minne! - - ... Sie entweicht mit holden Scham-Gebärden; Da umschließ ich sie, und Glut und Sehnen löset sich in linden Träumen, Die der Mensch nur einmal weint auf Erden. Und so stehn wir, wechseln keine Küsse, Still gesättigt und in uns versunken, Schon berauscht, bevor wir noch getrunken, In der Ahnung dämmernder Genüsse. Und auch draußen löst sich jetzt die Schwüle, Die zerrissnen Wolken, regenschwanger, Schütten ihn herab auf Hain und Anger, Und hinein zur Hütte drängt die Kühle. Als nun auch der Regen ausgewütet, wollen wir, die Alte gern verlassend, Kinderfromm uns an den Händen fassend, Wieder heim, von Engeln still behütet. Als sie aber scheiden will, da ziehen Glühendheiß die Nachtviolendüfte An mir hin im sanften Spiel der Lüfte, Und nun küß ich sie noch im Entfliehen.
Composition:
- Set to music by Rudi Stephan (1887 - 1915), "Liebeszauber", stanzas 1-3, 7-9, 11-12, 16, 18-20, 22-23, 25-29 [ baritone, orchestra ]
Text Authorship:
- by (Christian) Friedrich Hebbel (1813 - 1863), "Liebeszauber", appears in Gedichte, in 2. Balladen und Verwandtes
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Researcher for this page: Philip Schäfer
This text was added to the website: 2004-05-03
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