by Friedrich Rückert (1788 - 1866)
Erntelied
Language: German (Deutsch)
Windet zum Kranze die goldenen Ähren, Flechtet auch Blumen, die blauen, hinein. Blumen allein Können nicht nähren; Aber wo Ähren die Nahrung gewähren, Freuet der süße, der blumige Schein. Windet zum Kranze die goldenen Ähren, Flechtet auch Blumen, die blauen hinein. Holet die Wagen, mit Garben beladen, Aus dem Gefilde mit Sang und mit Klang. Klang und Gesang Kann ja nicht schaden: Lange genug hat in Thränen sich baden Kümmerniß müssen in furchtbarem Drang. Holet die Wagen mit Garben beladen, Aus dem Gefilde mit Sang und mit Klang. Stellet an Gottes Altäre die Garben, Der uns den himmlischen Segen verliehn. Will er entziehn, Müssen wir darben; Alle, die nicht in Verzweifelung starben, Leben und ernten und hoffen durch ihn. Stellet an Gottes Altäre die Garben, Der uns den himmlischen Segen verliehn. Lobet mit hellem, mit feurigem Psalme, Lobet den milden Ernährer der Welt. Wilde im Zelt Nähret die Palme; Uns auf die leichten, die schwankenden Halme Hat er des Lebens Bedürfniß gestellt. Lobet mit hellem, mit feurigem Psalme, Lobet den milden Ernährer der Welt. Beuget dem Herrn euch mit stummem Erzittern, Der in den Wolken, den donnernden, wohnt; Dass er verschont Mit den Gewittern, Daß nicht die Halme, die schwanken, zersplittern, Ehe den Fleiß sie des Schnitters belohnt. Beuget dem Herrn euch mit stummem Erzittern, Der in den Wolken, den donnernden, wohnt. Lasset die Wunder des Höchsten uns preisen, Der da, was Noth ist, am besten bedenkt, Wenn er uns schenkt, Was uns soll speisen, Oben darüber in sicheren Gleisen Regen und Sonne zum Segen uns lenkt. Lasset die Wunder des Höchsten uns preisen, Der da was Noth ist am besten bedenkt. Lasst uns das zarte Geheimniß bedenken, Das aus dem nährenden Körnchen uns ruft. Still in die Gruft Muß es sich senken, Eh es zum Lichte die Spitze kann lenken, Sprossen und reifen in himmlischer Luft. Lasst uns das zarte Geheimniß bedenken, Das aus dem nährenden Körnchen uns ruft. Lasst uns der Arbeit Bedeutung erkennen, Welche das irdische Leben bedingt, Wie sie entringt Körner den Tennen, Und aus der Räder zermalmendem Rennen Endlich den Stoff, den geläuterten, bringt, Lasst uns der Arbeit Bedeutung erkennen. Welche das irdische Leben bedingt. Bittet den Herrn, daß er gebe den Segen Allen Gewerken in Stadt und in Land, Die den Verband Hegen und pflegen; Aber den sicheren Grundstein zu legen, Segn' er uns zweifach die säende Hand. Bittet den Herrn, daß er gebe den Segen Allen Gewerken in Stadt und in Land. Flehet zum Herrn, daß die Herren der Erde Gnädig von oben erleuchte sein Licht; Daß sich die Pflicht Und die Beschwerde, Zwischen den Hirten und zwischen der Herde, Theile mit rechtem gerechtem Gewicht. Flehet zum Herrn, daß die Herren der Erde Gnädig von oben erleuchte sein Licht. Bittet, daß Gott, der uns Leben gegeben, Gebe die Krone des Lebens dazu: Friedliche Ruh, Fröhliches Streben, Daß, was da lebet, sich freu' auch am Leben, Ab sich der langen Bekümmerniß thu', Bittet, daß Gott, der uns Leben gegeben, Gebe die Krone des Lebens dazu. Windet zum Kranze die goldenen Ähren, Flechtet auch Blumen, die blauen, hinein. Blumen allein Können nicht nähren; Aber wo Ähren die Nahrung gewähren, Freuet der süße, der blumige Schein, Windet zum Kranze die goldenen Ähren, Flechtet auch Blumen, die blauen, hinein!
F. Lachner sets stanzas 1, 3, 10
Confirmed with Morgenblatt für gebildete Stände. Eilfter Jahrgang, Tübingen, J. G. Cotta'schen Buchhandlung, July 1817, pages 813-814.
Authorship:
- by Friedrich Rückert (1788 - 1866), "Erntelied" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Franz Paul Lachner (1803 - 1890), "Erntelied", op. 110 (12 Gesänge für Sopran, Alt, Tenor und Bass), Heft 3 no. 12, published 1859, stanzas 1,3,10 [ SATB chorus ], Winterthur: J. Rieter-Biederman [sung text checked 1 time]
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