by Richard von Kralik (1852 - 1934)
Die alten Lieder
Language: German (Deutsch)
Nun, du willst! Die alten Lieder, komm, die sing' ich heut' dir vor! Knie' an meiner Seite nieder, leg' an meine Brust dein Ohr! Wenn mir auch die Stimme stockte, Eifersucht ist hier nicht Not: Die mir einst den Sang entlockte, die ist nun schon lange tot. And're schien ich wohl zu lieben, aber ach, wo sind sie hin? Nur die Lieder sind geblieben, und die werden auch entflieh'n. Fast möcht' ich mich vor dir schämen, werde meines Tuns nicht froh. Aber nein, wozu sich grämen! Denn es war nun einmal so. War's? O nein, seit jenen Tagen, da verschwand so manches Jahr. Ja, man kann beinahe sagen: Es ist alles nimmer wahr. Alte Liebe, altes Hassen ward schon längst mir zum Gedicht; nur, dass wir uns jetzt umfassen, Dichtung, wahrlich, ist das nicht. Nicht mehr ist, was hingeschwunden, nicht ist, was auf uns noch harrt. Wirklich sind die flüchtigen Stunden, wahr ist nur die Gegenwart. Fürchte nicht, dass einst im Himmel Streit um meine Liebe sei! Liebeln kann das Weltgewimmel, Treue steht nur Einer bei.
Authorship:
- by Richard von Kralik (1852 - 1934) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), "Die alten Lieder", copyright © 1895 [ voice and piano ], from Maia, no. 48, Wien : Albert Gutmann ; New York : G. Schirmer [sung text checked 1 time]
Researcher for this page: Johann Winkler
This text was added to the website: 2020-07-15
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