by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
Die Versuchung
Language: German (Deutsch)
Nein, es half nicht, daß er sich die scharfen Stacheln einhieb in das geile Fleisch; alle seine trächtigen Sinne warfen unter kreißendem Gekreisch Frühgeburten schiefe, hingeschielte kriechende und fliegende Gesichte, Nichte, deren nur auf ihn erpichte Bosheit sich verband und mit ihm spielte. Und schon hatten seine Sinne Enkel; denn das Pack war fruchtbar in der Nacht und in immer bunterem Gesprenkel hingehudelt und verhundertfacht. Aus dem Ganzen ward ein Trank gemacht: seine Hände griffen lauter Henkel, und der Schatten schob sich auf wie Schenkel warm und zu Umarmungen erwacht -. Und da schrie er nach dem Engel, schrie: Und der Engel kam in seinem Schein und war da: und jagte sie wieder in den Heiligen hinein, daß er mit Geteufel und Getier in sich weiterringe wie seit Jahren und sich Gott, den lange noch nicht klaren, innen aus dem Jäsen destillier.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Versuchung", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil, first published 1908 [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Léon Orthel (1905 - 1985), "Die Versuchung", op. 56 no. 2 (1971) [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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Line count: 24
Word count: 142