Tod, du Schrecken der Natur! Immer rieselt deine Uhr; Die geschwungne Sense blinkt, Gras und Halm und Blume sinkt. Mähe nicht ohn' Unterschied Dieses Blümchen, das erst blüht; Dieses Röschen, erst halb roth; Sey barmherzig, lieber Tod! Nimm den holden Knaben nicht, Der voll Unschuld im Gesicht Mit der Brust der Mutter spielt, Und sein erstes Leben fühlt. Und den Jüngling schone mir, Der am fühlenden Klavier Goldne Saiten wiegt und schwingt, Und ein Lied von Liebe singt. Sieh, dort steht ein deutscher Held In Kolumbens neuer Welt, Der des Wilden Axt nicht scheut: Tod! ach friste seine Zeit! Schon' den Dichter, dessen Kraft, Wie sein Schöpfer, Welten schafft, Der in seinem Bildungskreis Alles fromm zu machen weiß. Tödte nicht die junge Braut, Schön für ihren Mann gebaut, Die, wie Sulamit gestimmt, Liebe giebt, und Liebe nimmt. Nicht den Frommen in dem Land, Dessen hochgefaltne Hand, Betend Gottes Himmel stützt, Wenn er Rache niederblitzt. Auch den Sünder tödte nicht; Schreck ihn nur mit dem Gericht, Daß er bang zusammenfährt, Busse weint und sich bekehrt. In der Fürsten goldnem Saal, Lieber Tod, bist du zur Qual; Schone sie, bis sie vom Wind Eitler Größ' gesättigt sind. Keinen Reichen tödte du; Den Gesunden laß in Ruh! Triffst du gute Leute an, So verlängre ihre Bahn. Aber mußt du tödten, Tod! Ach! so thu's, wo dir die Noth Aus zerfreßnen Augen winkt, Und in Staub des Kerkers sinkt. Wo mit jedem Morgen: Tod! Wo mit jedem Abend: Tod! Tod! um Mitternacht erschallt, Daß die Schauerzelle hallt. Tod, wann kommst du? Meine Lust! Ziehst den Dolch aus meiner Brust; Streifst die Fessel von der Hand, Ach! wann deckst du mich mit Sand? Diese Todtenstimme rufft Aus so mancher Kerkergruft, Wo der Gram verzweiflungsvoll Ohne Hoffnung schmachten soll. Drum, o Tod! wenn dirs gefällt, Hol Gefangne aus der Welt; Komm, vollende ihre Noth; Sey barmherzig, lieber Tod!
F. Schubert sets stanzas 1, 2, 14, 16
Confirmed with Chr. Daniel Friedrich Schubarts Gedichte aus dem Kerker. Mit allerhöchst-gnädigst Kaiserl. Privilegio. Carlsruhe, bey Christian Gottlieb Schmieder 1785, pages 195-197; with Christian Friedrich Daniel Schubarts sämtliche Gedichte. Von ihm selbst herausgegeben. Zweiter Band. Stuttgart, in der Buchdruckerei der Herzoglichen Hohen Carlsschule, 1786, pages 154-157; and with Christian Friedrich Daniel Schubart's Gedichte. Herausgegeben von seinem Sohne Ludwig Schubart. Erster Theil. Frankfurt am Main 1802, bey J. C. Hermann, pages 262-265.
Text Authorship:
- by Christian Friedrich Daniel Schubart (1739 - 1791), "An den Tod" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Franz Peter Schubert (1797 - 1828), "An den Tod", D 518 (1816/7), published 1824, stanzas 1,2,14,16 [ voice, piano ] [sung text checked 1 time]
Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- CAT Catalan (Català) (Salvador Pila) , "A la mort", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Aan de dood", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Malcolm Wren) , "To death", copyright © 2018, (re)printed on this website with kind permission
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "À la mort", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Ferdinando Albeggiani) , "Alla Morte", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
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