by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898)
Homo sum
Language: German (Deutsch)
Ich halte Leib und Geist in strenger Zucht und werde duch vom Teufel hart versucht. Ich wünsche meiner Seele Seligkeit und bin mit Petris Schlüsselamt im Streit. Am Tisch der Fugger speist' ich dort und hie und schimpfte weidlich Pfeffersäcke sie. Den Städtehochmut hasst' ich allezeit und hätte gern ein städtisch Kind gefreit. Auf ehrenfeste Sitten geb' ich viel und fröne dem verdammten Würfelspiel! Ich bin des Kaisers treu'ster Untertan und riet so manchem schon Empörung an. Das plumpe Recht der Faust ist mir verhasst, und selber hab' ich wohl am Weg gepasst. Ich bete christlich, dass es Friede sei, und mich ergötzen Krieg und Kriegsgeschrei. Der Heiland weidet alle Völker gleich, doch nur dem Deutschen gönn' ich Ruhm und Reich! Das heißt: Ich bin kein ausgeklügelt Buch, ich bin ein Mensch mit seinem Widerspruch.
Authorship:
- by Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), "Homo sum", appears in Verserzählung, in Huttens letzte Tage, in 3. Einsamkeit, no. 26 [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Adolf Wallnöfer (1854 - 1946), "Homo sum", op. 85 no. 3 [ voice and piano ], from 7 Dichtungen aus Ulrich Huttens letzte Tage von Conrad Ferdinand Meyer, no. 3 [sung text checked 1 time]
Researcher for this text: Johann Winkler
This text was added to the website: 2023-02-24
Line count: 20
Word count: 135