by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
Perlen entrollen. Weh, riß eine der...
Language: German (Deutsch)
Perlen entrollen. Weh, riß eine der Schnüre? Aber was hülfes, reih ich sie wieder : du fehlst mir, starke Schließe, die sie verhielte, Geliebte. War es nicht Zeit ? Wie der Vormorgen den Aufgang, wart ich dich an, blaß von geleisteter Nacht ; wie ein volles Theater, bild ich ein großes Gesicht, daß deines hohen mittleren Auftritts nichts mir entginge. O wie ein Golfhofft ins Offne und vom gestreckten Leuchtturm scheinende Räume wirft; wie ein Flußbett der Wüste, daß es vom reinen Gebirg bestürze, noch himmlisch, der Regen, - wie der Gefangne, aufrecht, die Antwort des einen Sternes ersehnt, herein in sein schuldloses Fenster ; wie einer die warmen Krücken sich wegreißt, daß man sie hin an den Altar hänge, und daliegt und ohne Wunder nicht aufkann: siehe, so wälz ich, wenn du nicht kommst, mich zu Ende. Dich nur begehr ich. Muß nicht die Spalte im Pflaster, wenn sie, armselig, Grasdrang verspürt : muß sie den ganzen Frühling nicht wollen ? Siehe, den Frühling der Erde. Braucht nicht der Mond, damit sich sein Abbild im Dorfteich fände, des fremden Gestirns große Erscheinung? Wie kann das geringste geschehn, wenn nicht die Fülle der Zukunft, alle vollzählige Zeit, sich uns entgegenbewegt? Bist du nicht endlich in ihr, Unsägliche ? Noch eine Weile, und ich besteh dich nicht mehr. Ich altere oder bin ich von Kindern verdrängt ...
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Insel-Verlag, 1927, p.470
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Letzte Gedichte [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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Settings in other languages, adaptations, or excerpts:
- Also set in Russian (Русский), a translation by Tamara Isaakovna Silman (1909 - 1974) , no title ; composed by Vladislav Mikhailovich Lebedev.
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
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