by Ferdinand Freiligrath (1810 - 1876)
Im Walde
Language: German (Deutsch)
Geh' ich einsam durch den Wald, Durch den grünen, düstern, Keines Menschen Stimme schallt, Nur die Bäume flüstern: O, wie wird mein Herz so weit, Wie so hell mein Sinn! Märchen aus der Kinderzeit Treten vor mich hin. Ja, ein Zauberwald ist hier! Was hier lebt und wächst, Stein und Blume, Baum und Tier, Alles ist verhext. Die auf dürren Laubes Gold Sich hier sonnt und sinnt, Diese Natter, krausgerollt, Ist ein Königskind. Dort in jenen dunklen Teich, Der die Hindin tränkt, Ist ihr Palast hoch Und reich tief hinabgesenkt. Den Herrn König, sein Gemahl, Und das Burggesinde Und die Ritter allzumal Halten jene Gründe. Und der Habicht, der am Rand Des Gehölzes schwebt, Ist der Zaubrer, dessen Hand Diesen Zauber webt. O, wüßt' ich die Formel nun, Die den Zauber löst, Gleich in meinen Armen ruh'n Sollte sie erlöst. Von der Schlangenhülle frei, Mit der Krone blank, In den Augen süße Scheu, Auf den Lippen Dank. Aus dem Teiche wunderlich Stieg das alte Schloß, Ans Gestade drängte Sich ritterlicher Troß. Und die alte Königin und der König, Beide, unter samt'nem Baldachin Säßen sie, der Bäume grün Zitterte vor Freude. Und der Habicht, jetzt gewiegt Von Gewölk und Winden, Sollte machtlos und besiegt sich Im Staube winden. Waldesruhe, Waldeslust, Bunte Märchenträume, O, wie labt ihr meine Brust, Lockt ihr meine Reime.
Authorship:
- by Ferdinand Freiligrath (1810 - 1876), "Im Walde" [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Joseph (Gabriel) Rheinberger (1839 - 1901), "Im Walde", op. 52 no. 2 (1871) [ SATB chorus ], from Im neuen Frühling, no. 2 [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2008-01-02
Line count: 52
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