by Heinrich Heine (1797 - 1856)
Rote Pantoffeln
Language: German (Deutsch)
Gar böse Katze, so alt und grau, Sie sagte, sie sei eine Schusterfrau; Auch stand vor ihrem Fenster ein Lädchen, Worin Pantoffeln für junge Mädchen, Pantöffelchen von Maroquin, Von Saffian und von Satin, Von Samt, mit goldnen Borden garniert Und buntgeblümten Bändern verziert. Am lieblichsten dort zu schauen war Ein scharlachrotes Pantöffelchenpaar; Es hat mit seiner Farbenpracht Gar manchem Dirnchen ins Herz gelacht. Eine junge weiße Edelmaus, Die ging vorbei dem Schusterhaus, Kehrt' wieder um, dann blieb sie stehn, Tät nochmals durch das Fenster sehn - Sprach endlich: Ich grüß Euch, Frau Kitze, Frau Katze, Gar schöne rote Pantöffelchen hat Sie; Sind sie nicht teuer, ich kauf sie Euch ab, Sagt mir wie viel ich zu zahlen hab. Die Katze rief: Mein Jüngferlein, Ich bitte gehorsamst, treten Sie ein, Geruhen Sie mein Haus zu beehren Mit Dero Gegenwart; es verkehren Mit mir die allerschönsten Madel Und Herzoginnen, der höchste Adel - Die Töffelchen will ich wohlfeil lassen - Doch laßt uns sehn, ob sie Euch passen - Ach, treten Sie ein und nehmen Sie Platz - So flötet die boshaft listige Katz, Und das weiße, unerfahrene Ding In die Mördergrub, in die Falle ging - Auf eine Bank setzt sich die Maus Und streckt ihr kleines Beinchen aus, Um anzuprobieren die roten Schuhe - Sie war ein Bild von Unschuld und Ruhe - Da packt sie plötzlich die böse Katze Und würgt sie mit der grimmigen Tatze, Und beißt ihr ab das arme Köpfchen, Und spricht: Mein liebes, weißes Geschöpfchen, Mein Mäuschen, du bist mausetot! Jedoch die Pantöffelchen scharlachrot, Die will ich stellen auf deine Gruft; Und wenn die Weltposaune ruft Zum jüngsten Tanz, o weiße Maus, Aus deinem Grab steigst du heraus, Ganz wie die andern, und sodann Ziehst du die roten Pantöffeichen an. Moral: Ihr weißen Mäuschen, nehmt Euch in acht, Laßt Euch nicht ködern von weltlicher Pracht! Ich rat Euch, lieber barfuß zu laufen Als bei der Katze Pantoffeln zu kaufen.
Authorship:
- by Heinrich Heine (1797 - 1856), "Rote Pantoffeln", written 1853-4, appears in Gedichte 1853 und 1854, no. 4 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Bernard van Dieren (1887 - 1936), "Rote Pantoffeln", note: manuscript is privately owned [text not verified]
- by Richard Farber (b. 1945), "Rote Pantoffeln", 2014. [voice and piano] [text not verified]
- by Eugen Borisovich Onegin (1883 - 1919), "Rote Pantoffeln", note: poem broken up into four songs: Gavotte (stanza 1); Sarabande (stanza 2); Menuett (stanza 3 and stanza 4:1-7); and Gigue (stanza 4:8-19 and the moral) [text verified 1 time]
- by Felix Wolfes (1892 - 1971), "Rote Pantoffeln", 1962, published c1996. [text not verified]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2008-01-24
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