by Friedrich Leopold, Graf zu Stolberg-Stolberg (1750 - 1819)
Der späte Frühling
Language: German (Deutsch)
Das Frühjahr ist kommen, der Frühling noch nicht: Noch macht die Natur uns ein saures Gesicht, Noch dräuen die Wolken uns Schloßen und Schnee, Noch spiegelt sich dürstend im Eise das Reh. Der Frost hat das niedrige Veilchen erstickt, Und die Knospe der hohen Kastanie geknickt: Es starb in der Knospe die Blüte vom Wind, So stirbt in der sterbenden Mutter ihr Kind. Die Pflänzchen im Garten sind gelb und erstarrt; Es seufzet der Stier, denn der Boden ist hart; Die Schwalbe verbirgt sich; die Glucke verläßt Die sterbenden Küchlein, erstarret im Nest. Doch hat sich der Storch auf dem Kirchturm gezeigt; Auch sah ich die Nachtigall, aber sie schweigt. O Nachtigall, Nachtigall, nimm dich in acht: Die Stauden sind nacket, und kalt ist die Nacht! Langbeinigter Küster, du klapperst zu früh Im sausigen Kirchturm; kein Frühling ist hie! O sei mir in Zukunft kein Lügenprophet, Wenn mein Weibchen zuerst auf dem Turm dich erspäht! Dann tön' in den Erlen das Bächlein entlang Dem brütenden Weibchen der Nachtigall Sang! Es lausche mein brütendes Weibchen zugleich! Du aber, o Kuckuck, ich warne dich, schweig!
Text Authorship:
- by Friedrich Leopold, Graf zu Stolberg-Stolberg (1750 - 1819), "Der späte Frühling", written 1782 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Johann Abraham Peter Schulz (1747 - 1800), "Der späte Frühling" [text not verified]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2010-12-07
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