by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894)
Hell im Chor der Klosterkirche
Language: German (Deutsch)
Hell im Chor der Klosterkirche Flammten weiße Opferkerzen: Heller brannten, heißer glühten Opferfrohe Menschenherzen. Auf dem Altar frische Sträuße: Heiliger und reiner blühte Ros' und Lilie in der Beter Stillandächtigem Gemüte. Elmar kniete vor den Staffeln Im Gewand von weißem Linnen, Sanft gebückt, geschloßnen Auges, Wie versenkt in sel'ges Sinnen; Auf dem Antlitz Fried' und Freude, Zartes Rot auf Kinn und Wangen, Gleich als sei ein heil'ges Feuer Warm im Herzen aufgegangen. Und ein Strahl der Frühlingssonne Glitt hinein mit goldnem Glanze Und umwob des Jünglings Locken Wie mit einem Glorienkranze. Denn er siegte, und soeben, Von des Abtes Hand ergossen, Hatte das geweihte Wasser Gnadenreich sein Haupt umflossen, Dank dem Prior, der dem Ringer Erst ein Helfer war und Rater, Jetzt des Überwinders Zeuge, Jetzt im Geist sein zweiter Vater. Beide knieten ihm zur Seite, Markward und Warin, die Greise; Dankgebete, Segenswünsche Flüsterten die Lippen leise. Rechts und links die frommen Mönche Auf den dunkeln Eichenbänken In Betrachtung; mancher mochte Eigner Kämpfe still gedenken. Sigeward, dem Sänger, tropften In den Bart viel heiße Zähren, Und der gute Beda konnte Kaum des Schluchzens sich erwehren. Langes Schweigen; und ins Fenster Nickten Blatt und Blütenflocken, Und die warmen Sonnenlichter Spielten um des Jünglings Locken; Und die Sträuße auf dem Altar Hauchten ihre Opferdüfte; Und der Andacht Blumenkelche Strebten in die Himmelslüfte; Und die Weserwelle rauschte, Und ein Bussard rief vom Walde Einsam über Tannenwipfeln: »Junger Weidmann, kommst du balde?« Und der Fink im Garten lockte: »O wie ist die Welt so sonnig, Und das Wiegen und das Fliegen In der Luft, wie ist es wonnig!« Lockt und ladet nur, ihr Rufer, Wiegt euch nur, ihr Lüfteschwimmer: Den ihr meint, er will nicht kommen, Den ihr ruft, er hört euch nimmer. -- Dann, sich mühevoll erhebend, Sprach der Abt von Dreizehnlinden: »Selig sind, die Leid getragen, Denn sie werden Tröstung finden! Sei willkommen! -- Elmar, endlich Stehst du an den Altarstufen Deines Gottes, der durch Schmerzen Längst dich liebevoll gerufen. Wohl durch Schmerzen! Eines Neidings Arge List, Verrat der Feigen, Bann und Schmach und schweres Siechtum Mochten tief das Haupt dir beugen. Und du kamst! -- Um Gut und Ehre? Kamst, um Eine zu gewinnen, Die du seit der Kindheit Tagen Heimlich trugst in treuen Sinnen? O du kamst, um deiner Seele Eine Ruhstatt zu erringen, Die du fandest; dem Aufricht'gen Läßt es Gott der Herr gelingen. Fandest du durch Lehr' und Leitung, Du aus dir des Heiles Pfade? Durch Gebet für dich? -- Das alles Frommt, doch rettet Gottes Gnade. Ihm der Dank, und aufwärts richte Deine Augen mit Vertrauen: Selig sind, die reinen Herzens, Denn sie werden Gott anschauen!« Elmar sprach: »Das neue Leben Ging mir auf, das vielersehnte: Der Verstürmte kam zum Hafen, Als er zu versinken wähnte. Was er zu erjagen suchte, Ruhelos in schweren Stunden, Ruhelos in Haß und Fehde, Hat er endlich hier gefunden. Den Vergeßnen, Hoffnungslosen, Duldet ihn, ihr guten Väter, Heißt er auch ein vogelfreier Landesflüchtiger Verräter! Duldet ihn, er dient euch gerne, Und, so ihr ihn wert erachtet, Prüft und nehmt in eure Mitte Einen, der nach Einkehr schmachtet; Denn er hat nach Wahn und Wirrsal Viel zu danken, viel zu sehnen; All die Schuld bezahlt' er nimmer, Dürft' er alt sein Leben dienen.« Sprach der Prior: »Du mußt harren: Gott wird raten; sei nur stille! Kennst du dich? In jungen Herzen Frühlingsschnee ist Wunsch und Wille. Jedem taugt es nicht, gesondert Vom Gewühl der Welt, der argen, Stumm in öder Klosterzelle Sich lebendig einzusargen. Dienen? Wohl! Zum Dienst bedarf es Hier der Beter, dort der Streiter; Weißt du, was du sollst? Die Gnade, Die dich führte, führt dich weiter. Harre nur!« -- Des Jünglings Auge Sank, es glühten Stirn und Wangen; Pater Ivo seufzte leise, Und die schwarzen Mönche sangen: »Auf der Heid' ein Wolkenschatten Fährt dahin das Menschenleben: Zittert! In des Lebens Mitte Sind vom Tode wir umgeben. Und der Tod, der grimme Schütze, Hehlings ohne Köcherklirren Tritt er an, und unaufhaltsam Pfeil auf Pfeile läßt er schwirren, Bleicher Jäger; was da atmet, Königsleute, Bettelleute, Alle Riesen, alle Krüppel, Alle sind sie seine Beute. Und er bläst sein Horn; so traurig Ist der Hall, so seltsam eigen: All die Krüppel, all die Riesen, Alles Fleisch muß an den Reigen. Und er bläst sein Horn, und alle Müssen an den Tanz sie treten, Ob sie lachen oder weinen, Ob sie fluchen oder beten. Niederwärts! Die Linnen flattern; Niederwärts! Geschrei und Klage; Denn das große Buch liegt offen, Und der Richter hält die Waage. -- Alleluja! Wohl dem Tapfern, Der gerungen nach Erkenntnis Und, ob hart geprüft, doch siegreich Drang zu seines Heils Verständnis. Alleluja! Wohl dem Waller, Der bergan mit wundem Fuße Schritt in Tränen, nicht des Schmerzes, Nein, in Tränen bittrer Buße; Der im Kampf mit rauhern Feinden, Als mit Schwertern dräun, geworben, Der bezwungen Gier und Gären Und, bevor er starb, gestorben. -- Zittert! In des Lebens Mitte Sind vom Tode wir umgeben: Auf der Heid' ein Wolkenschatten Fährt dahin das Menschenleben!«
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Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894), "Im Klosterchor", appears in Dreizehnlinden, no. 22 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Maria Görres (1823 - 1882), "Hell im Chor der Klosterkirche (Im Klosterchor)", published 1880 [ voice and piano ], from Dreizehn Lieder aus dem Epos: Dreizehn Linden von F. W. Weber, für 1 Singstimme mit Pianoforte, no. 13, Paderborn, Schoeningh [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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