by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894)
Süßer Schlag der Heidelerche
Language: German (Deutsch)
Süßer Schlag der Heidelerche, Sonnenschein auf allen Hügeln! Tauwind sang, durch alle Schluchten Flog er rasch auf weichen Flügeln. Lustig hüpften alle Brunnen Aus den Bergen durch die Bäume, Um im Tale zu erzählen Ihre langen Winterträume; Schwere Träume, und der kleinen Zarten Elben frost'ges Schaudern Und der Riesen lautes Schnarchen Und der Zwerge kluges Plaudern. Denn der Schnee begann zu schmelzen, Bräunlich stand des Berges Gipfel, Und ein Frühlingsahnen rauschte Durch die grünen Tannenwipfel. Aus den Tannenwipfeln ragte Eines Türmleins spitzer Kegel, First und Giebel eines Klosters Nach Sankt Benediktus' Regel. Jüngst erst waren weise Männer Angelangt aus fremden Reichen, Segensworte auf den Lippen, In der Hand des Friedens Zeichen; In der Hand die fromme Waffe, Die mit Mut beseelt den Schwachen, Die durch Huld bezwingt die Völker Und besiegt, um frei zu machen; Ernste Männer, vielgeprüfte, Die in harter Weltverachtung Einsam sich der Arbeit weihten, Dem Gebet und der Betrachtung; Stille Siedler, die sich mühten, Mit dem Spaten wilde Schluchten, Wildre Herzen mit der Lehre Lindem Samen zu befruchten. Klugen Sinns und unverdrossen Bauten sie mit Lot und Waage, Winkelmaß und Säg' und Hammer, Axt und Kelle Tag' auf Tage, Bis es ihrem Fleiß gelungen, Haus und Kirche fest zu gründen, Bis der Brunnen rauscht im Hofe Des Konvents von Dreizehnlinden. In Gehorsam, Zucht und Armut Schafften still die tapfern Streiter: Reuteten des Urwalds Riesen, Dorn und Farn und wüste Kräuter; Zogen Wall und Zaun und Hecke, Hirsch und Keiler abzuwehren, Daß im Tale wohlumfriedet Grünten menschenholde Ähren; Zwängten ein den ungestümen Strom durch Pfahlgeflecht und Dämme, Pfropften milde Südlandsreiser Auf des Nordens herbe Stämme. Kräftig sproß im jungen Garten Akelei und Ros' und Quendel, Blasse Salbei, Dill und Eppich, Eberraute und Lavendel. Aber noch ein andrer Acker Blieb den Vätern: reicher Boden, Tiefer Grund, doch schwer zu bauen Und voll heidnisch wilder Loden. Traun, da gab es viel zu rupfen, Viel zu zähmen und zu zanken, Viel zu zerren und zu zupfen An den ungezognen Ranken! Auf den braunen Eichenbänken Saß die Brut der Sachsenrecken, Junge Bären; Riesenarbeit War's, sie bildend zu belecken. Erstlich galt's, der Römerrunen Fremden Zauber zu ergründen: O ein dornenvolles Rätsel, Dessen Lösung kaum zu finden! Dann gefällig nachzubilden All die wunderlichen Zeichen: Hohes Ziel, nur auserwählten Fingerkünstlern zu erreichen! Doch am schwersten war's, des Kreuzes Milde Botschaft zu erklären, Denn gar manchen Flachskopf dünkten Gotteswort und Heldenmären, Weißer Christ und weißer Balder [Fußnote], Lichte Engel, lichte Elben, Jüngerschaft und Heerbannstreue Ganz dasselbe, ganz dieselben. Nur begabtre Schüler wurden Höhern Zwecken zugeleitet Und die sieben freien Künste Lehrhaft ihnen ausgedeutet. Schwer und ungelenkig waren Noch der deutschen Zunge Laute, Gleich den ersten Schritten eines Hünenkinds im Heidekraute. Rasch indes wie ehrne Pfeile Klingend flog das Wort der Römer Von den Lippen kurz und schneidig Wie das Schwert der Weltbezähmer. Willig bot es knappe Schärfe Logikern und Exegeten, Kraft und Fülle den Rhetoren, Reim und Rhythmen den Poeten. Preis den braven schwarzen Mönchen, Preis den wackern Kuttenträgern, Alles menschlich schönen Wissens Frommen Hütern, treuen Pflegern! Was auf Hellas' blauen Bergen, Was einst am Tyrrhenermeere Dichter sangen, Denker dachten Später Welt zu Lust und Lehre; Was der Geist geweihten Sehern Offenbart' in Sturm und Stille, Wort und Werk des Gottessohnes, Als er ging in Manneshülle: Von der Mönche Hand geschrieben Blatt auf Blatt mit Müh' und Sorgen, In den Truhen der Abteien Lag es liebevoll geborgen. Zärtlich ward der Schatz betrachtet, Mit bescheidnem Stolz gepriesen Und als Klosterhort dem fremden Schrifterfahrnen Mann gewiesen. Solch ein kostbar Gut zu sichern Treu dem künftigen Geschlechte, Schrieben sie, die braven Mönche, Sommertag' und Winternächte. Rot und blau und grün und golden Schimmerten die Anfangslettern, Reich umrankt von Blumendolden Und von traumhaft bunten Blättern. Rührend bat der fromme Schreiber An des langen Werkes Ende, Daß man seiner armen Seele Des Gebets Almosen spende. Trutziglich, wie schwarze Krieger, Lanzenknechte der Konvente, Standen Glied an Glied die Runen Auf dem weißen Pergamente. Ja, sie sind's, die schwarzen Krieger, Die von einer weggestürmten Schönheitswelt die letzten Inseln Rettend vor den Wogen schirmten! Weht dir aus des Mäoniden [Fußnote] Sängen, wie aus Meeresrauschen, Tiefes unerkanntes Sehnen, Das dich zwingt zum Weiterlauschen; Mahnt der Zorn des letzten Römers [Fußnote], Gott und Vaterland zu ehren, Drängt er, vor dem Bild des Lasters Dich der Tugend anzuschwören; Strömt dir aus dem Buch der Bücher Kraft und Trost im Kampfgewühle Wie dem matten Wüstenwaller Aus des Palmenquelles Kühle: Sei gedenk der wetterfesten Lanzenknechte der Konvente, Sei gedenk der schwarzen Krieger Auf dem weißen Pergamente! -- Auch zu rauherm Dienste stählten Die Geschornen ihre Kräfte: Schicklich wußten sie zu führen Bogen, Beil und Lanzenschäfte, Waren Feinde zu verjagen, Die des Feldes Frucht verbrannten, Oder Räuber, die der frommen Spendebringer Weg verrannten; Oder war ein Festtagsbraten Zu erpirschen in den Forsten, Sei's ein stolzer Sechzehnender, Sei's ein Bursch mit Wehr und Borsten. -- Also übten sie beständig Friedenswerk und Kampfespflichten, Doch der Arbeit für der Seele Heil vergaßen sie mitnichten. Früh und spät zum Himmel schallte Ihrer Hymnen und Gebete Bange Klage, die für alle Und für sie um Einlaß flehte. -- Süßer Schlag der Heidelerche, Sonnenschein auf allen Hügeln! Tauwind sang, durch alle Schluchten Flog er rasch auf weichen Flügeln. Friedensboten, Himmelsschlüssel Sprossen auf der jungen Aue, Und ein frohes Frühlingsahnen Rauschte durch die Sachsengaue.
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Authorship:
- by Friedrich Wilhelm Weber (1813 - 1894), "Das Kloster", appears in Dreizehnlinden, no. 2 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Maria Görres (1823 - 1882), "Süsser Schlag der Heidelerche", published 1884 [ vocal duet with piano ], from Drei Duette für 2 Singstimme mit Pianofortebegleitung, no. 3, from Lieder aus dem Epos "Dreizehnlinden" von F.W. Weber. III. Sammlung, no. 23, Paderborn, Schoeningh [sung text not yet checked]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
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