by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826)
Die Sterne
Language: German (Deutsch)
Fleug' auf durch Gottes Sternenheere, Mein wonnetrunkner Geist, Hin wo die letzt trübe [Sfäre]1 Am grauen Chaos kreist! Wie hehr sich Millionen Himmel Um Millionen Sonnen drehn! Wie hehr der Sonnen Glanzgewimmel [Aus tiefster Fern' in höchste]2 Höh'n! Entbrannt von Mutterlieb', umschweben Sie, Gott, dein Angesicht, Die Sonnen rings, und schöpfen Leben Aus deinem Quell', und Licht; Und tränken Töchter jed' und Söhne, Euch, Erden, und ihr Monde weit! Ihr taumelt, satt der Kraft und Schöne, Und donnert Gottes Herlichkeit! "O Vater, preist ihr hohen Klanges: Du hüllest uns in Glanz! [Du]3 lehrest, froh des Preisgesanges, Uns [Harmonie und Tanz]4! Den Felsenleib, [durchbraust]5 von Meeren, Erschuf voll Keim' uns deine Hand: Daß Pflanz' und Leben wir gebären Und [wimmle]6 Wasser, Luft und Land! Du schmückst der Berge Haupt mit Wäldern, Mit Erz der Berge Schoß; Du [schenkst Getreid' und Kraut]7 den Feldern, Der Wildnis Heid' und Moos! Vom Eis des Pols zum Sonnenfeuer, Von Alpenhöhn zur tiefsten Flut, Schwärmt zahmes Vieh und Ungeheuer, Gewürm und [Fisch und Vogelbrut]8 Doch herschend ragt in seiner Stärke Der Geist, [von Staub' umhüllt]9, Das Wunder deiner Wunderwerke, Der Mensch, dein Ebenbild. Er forscht, und staunt, der Wesen Leiter Vom [Sandkorn bis]10 zum Engelchor, [Voll Zweck und Eintracht, und steigt]11 weiter [Zur Weisheit und zur]12 Lieb' empor! Aufrecht das Haupt zu ewger Schöne, Verschmäht er, was nur nährt, Und schauet tief des Staubes Söhne Dem Staube zugekehrt; Er, Himmelssohn, nicht duldend Schranken Der Willkühr, keines Glaubens Knecht, Erhöht Gedanken auf Gedanken, Und schwebt in Gottes Licht und Recht. [Durch Drangsal, Gott, und harte Mühe, Regst du des Geistes Kraft, Damit sein schwangrer Keim entblühe Zu edler Wissenschaft. Und wann, am stäten Licht verschmachtet, Die Wissenschaft zu Trägheit welkt; Schnell stürmst du, das die Heitre nachtet, Von schwarzem Wahn und Trug' umwölkt.]13 Bald ringt der Geist empor zur Klarheit, Der Urkraft sich bewußt, Vertraut der selbsterrungnen Wahrheit, Und ahndet [Himmels Lust.]14 Ihm lächelt selbst der Tod, ein Retter! Es dorre Laub, vom Herbst verstreut, Es [säusle Mai um]15 junge Blätter; Der Weise denkt Unsterblichkeit. Lobsingt durch aller Himmel Ferne! Ein Retter ist der Tod! Im Reigentanz, ihr Morgensterne, Lobsinget unserm Gott! Und Vorgefühl des bessern Lebens Durchschaur' ihn, sanft herabgethaut, Wer durch die Nacht, voll heißen Strebens Empor [zu unserm Reigen]16 schaut!
J. Reichardt sets stanzas 1-5, 7-9
Confirmed with Sämtliche Gedichte von Johann Heinrich Voß, Auswahl der lezten Hand, Dritter Band, Königsberg: in der Universitäts-Buchhandlung, 1825, pages 120-122.
Note: Given the significant number of differences between the Voss and Reichardt texts, it is quite possible that Reichart was using a different edition of the poem.
1 Reichardt: "Sphäre"2 Reichardt: "sich dreht in ungemess'nen"
3 Reichardt: "Und"
4 Reichardt: "ew'gen Reigentanz"
5 Reichardt: "durchströmt"
6 Reichardt: "wimmeln"
7 Reichardt: "schenkest Gras und Korn"
8 Reichardt: "reger Vögel Brut"
9 Reichardt: "in Staub gehüllt"
10 Reichardt: "dunkeln Staub"
11 Reichardt: "forscht auf und ab und schwingt sich"
12 Reichardt: "Zu Weisheit und zu"
13 Reichardt:
Du schwängerst, Gott, durch Not und Mühe Des Menschen Geist mit Kraft, Damit sein edler Keim entblühe Zu heller Wissenschaft! Und wann, am Strahl des Lichts verschmachtet, Die Wissenschaft zu Trägheit welkt, Schnell stürmst du, dass die Heit're nachtet, Vom jähen Wahn und Trug umwölkt!14 Reichardt: "Himmelslust!"
15 Reichardt: "weh'n im Frühling"
16 Reichardt: "zum Sternenhimmel"
Text Authorship:
- by Johann Heinrich Voss (1751 - 1826), "Die Sterne", appears in Oden und Lieder, in Erstes Buch, no. 24 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814), "Die Sterne", published 1795, stanzas 1-5, 7-9 [ voice and piano ], from Cäcilia, Viertes Stück, no. 11, Berlin, in der neuen berlinischen Musikhandlung [sung text checked 1 time]
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