I. Der Jagd Horch, Hörnerklang, horch, Treiberruf, ha! wie das klingt und schallt! Der Österreicher Kaiser jagt nicht fern von Wien im Wald. Mit ihm der Bayern alter Max, der Däne weiß von Haar, und Alexander, welcher herrscht in Reussenland als Zar. "Wohlauf, nun laßt uns sehn, wem hold Diana ist, und wer von uns das Beste sich im heut'gen Waidwerk schießt!" Und über Busch und Weißdorn setzt in Angst und Todesweh der Hirsch, in Lüften das Gehörn, das leichtbeschwingte Reh. Und hinterher der Treiber Schar mit Toben und Juhei, und seht, schon stürzet Hirsch und Reh, getroffen von dem Blei. II. Der Schützling Da kommt im Flug durchs Waldgeheg ein Rehlein auch heran, das weiß nicht, wo es nehmen soll zur Rettung seine Bahn; das schaut mit todesbangem Blick die Schützen rings herum, dann kehrt's, von neuer Angst gejagt, gar hastig wieder um. Doch ach, da sperrt der Treiber Schar ihm rings den Weg zur Flucht, wie's auch nach diesem schnell und scheu im weiten Kreise sucht. Und wieder, wie verzweifelnd, flieht's in seiner höchsten Not hin zu den Reih'n der Schützen, wo sein harrt der bittre Tod. So fliegt es fort und fort, doch bringt die Hast ihm nicht Gewinn, zum Tod ermattet sinkt's zuletzt vor Alexander hin. Den Blick es an in seinem Schmerz, als wollt' zu ihm es fleh'n: O rette mich, du starker Mann, sonst ist's um mich gescheh'n! III. Kaiserhuld Und Alexander wirft sogleich die Büchse hin zur Erd' und streichelt sanft das zarte Tier, das Hilf' von ihm begehrt, dann reißt er selbst sich von der Brust herab das breite Band und schlingt dem Reh es um den schlanken Hals mit hast'ger Hand. Da kommt herbei mit den Gefährten all der Kaiser Franz, der steht, die Gruppe anzuschau'n, vor ihr verwundert ganz. Doch Alexander spricht zu ihm: "Herr Kaiser, laßt dies Tier mir frei, das seine Zuflucht nahm in höchster Not zu mir. "Es brächt' mir Weh, müßt' ich im Blut den armen Schützling schau'n, denn nimmer soll auf Kaiserhuld ein Herz vergebens bau'n." Und um den Russenherrscher steht bewegt der bunte Schwarm, doch Östreichs Kaiser drückt dem Zar die Hand gar fest und warm: "Nie werde diesem Reh hinfort gekrümmt auch nur ein Haar, es soll an Euer edles Herz mich mahnen immerdar!"
2 Balladen , opus 108
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Die Kaiserjagd im Wienerwald
Language: German (Deutsch)
2. Hueska
Language: German (Deutsch)
Vor dem Schloße Don Loranca's lehn't Hueska, düster schweigend, Mohrenfürst am Niger, fremder Herrschaft jetzt den Nacken beugend. Nicht des Ebro's Silberwellen können seinen Blick verlocken, Nicht das flücht'ge Gold der Wolken, nicht der Hyazinthe Glocken. Nur nach Donna Ana[1] hat er seinen glüh'nden Blick erhoben, Nach der Herrin, deren Schönheit wie der strahlt vom Söller droben. Und mit immer heißern Gluten flammt es in des Negers Herzen, Welches grimmer stets zerrissen hoffnungsloser Liebe Schmerzen. Da beruft ihn Don Loranca: "Auf! Hueska, Negersklave, einen Dienst mußt du verrichten, Auf, aus deinem trägen Schlafe! Donna Anna wünscht zu fahren auf des Ebro's Silberwellen, Frisch zur Barke, faß das Ruder, laß des Armes Sehnen schwellen! Leite hin sie durch die Fluten nach den schattigkühlen Auen, Wo die Tamarisken rauschen, Aprikosen sind zu schauen. Und zum Schlag der Zither magst du ihr ein Negerliedchen singen, Doch nicht wieder darf die Barke, merk es wohl, zurück sie bringen. Mir verraten ward's, daß Ana heimlich eine Liebe nähret, Die zuwider meinem Range, die zuwider meiner Ehre. Tief wie nirgends ist der Ebro südwärts, dicht beschirmt von Bäumen. Du verstehst, nun in die Gondel, morgen magst du wieder träumen." Auf des Ebro's Spiegelwogen gleitet hin und her die Barke, Und das Ruder, das bemalte, hält Hueska's Arm der starke. In der Barke sitzt die Herrin bleich und schön, im stillen Sinnen. Jener vorn am Schnabel schaudert ob dem finsteren Beginnen. Spricht die Dame: "Wie doch bringen Abendlüfte süße Labe!" Doch Hueska denkt: "Sie streifen Nachts auch über manchem Grabe." Spricht die Dame: "Horch, wie lieblich sind der Nachtigallen Klänge!" Doch Hueska denkt: "Die klingen nicht hinab durchs Flutgedränge." Spricht die Dame: "Wie sich Welle scherzend doch auf Welle wieget!" Doch Hueska denkt: "So manche schäumt noch heiß, die Nachts versieget." Da verschwinden im Gebüsche beide mählich mit dem Nachem, Dunkler wird's, die Sterne funkeln, nächtlich stille Himmelswachen. Horch! da gellt ein Schrei aus eines Weibes Kehle durch die Stille, Hell und schneidend, und das alte Schweigen stört nur noch die Grille. Sagt, was schwimmt dort auf dem Ebro, mild vom Mondlicht übergossen? Sieh, zwei Leichen, Donna Anna, von Hueska's Arm umschlossen.
Text Authorship:
- by Johann Nepomuk Vogl (1802 - 1866)
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[1] gesprochen