Und als der Mensch geschaffen war, da trat zu ihm der Engel Schar. Und einer sprach: "In Ewigkeit sei unser Gott gebenedeit!" Und alle sangen engelmild: "Schaut an an Jehovah's Ebenbild!" Und vor dem Menschen neigten sich die Engel alle feierlich. Indessen Gott in Frieden ruht; denn was er schuf, was schön und gut. Ein einzger Engel ferne stand, sein hohes Antlitz abgewandt. "Das ist das Bild der Gotteskraft? Ich bin die Kraft, die Taten schafft! Ich Erster aus der Engel Heer, ich soll mich neigen? Nimmer mehr!" Da flohn die Engel alle fort: voll Stolz blieb er am selben Ort. "Laß fliehn die Engel alle fort, ich bleib voll Stolz am selben Ort! Eh daß ich dir bin untertan, künd' ich dir ewge Feindschaft an; Ja, offnen Kampf und schlaue List, bis daß du mir geknechtet bist." Weil dieser Engel war zu groß, verbannte ihn des Himmels Schoß. Die andern Engel sangen mild: "Schaut an Jehovah's Ebenbild!" Vor Menschengröße beugen sie noch heute dermutsvoll ihr Knie.
3 Balladen , opus 129
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Der Teufel
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Carl Siebel (1836 - 1868), after the Koran, Sure I.
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2. Der Nöck
Language: German (Deutsch)
Es tönt des Nöcken Harfenschall: Da steht der wilde Wasserfall, Umschwebt mit Schaum und Wogen Den Nöck im Regenbogen. Die Bäume neigen Sich tief und schweigen, Und atmend horcht die Nachtigall. - »O Nöck, was hilft das Singen dein? Du kannst ja doch nicht selig sein! Wie kann dein Singen taugen?« Der Nöck erhebt die Augen, Sieht an die Kleinen, Beginnt zu weinen... Und senkt sich in die Flut hinein. Da rauscht und braust der Wasserfall, Hoch fliegt hinweg die Nachtigall, Die Bäume heben mächtig Die Häupter grün und prächtig. O weh, es haben Die wilden Knaben Der Nöck betrübt im Wasserfall! »Komm wieder, Nöck, du singst so schön! Wer singt, kann in den Himmel gehn! Du wirst mit deinem Klingen Zum Paradiese dringen! O komm, es haben Gescherzt die Knaben: Komm wieder, Nöck, und singe schön!« Da tönt des Nöcken Harfenschall, Und wieder steht der Wasserfall, Umschwebt mit Schaum und Wogen Den Nöck im Regenbogen. Die Bäume neigen Sich tief und schweigen, Und atmend horcht die Nachtigall. - Es spielt der Nöck und singt mit Macht Von Meer und Erd und Himmelspracht. Mit Singen kann er lachen Und selig weinen machen! Der Wald erbebet, Die Sonn entschwebet... Er singt bis in die Sternennacht!
Text Authorship:
- by August Kopisch (1799 - 1853)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (David Wyatt) , "The water-sprite", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Il folletto della cascata", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
3. Die Schwanenjungfrau
Language: German (Deutsch)
Ging Herr Walter hin im Freien: "Horch, welch Rauschen, horch welch Schreien in der heitern Morgenluft?" Schwäne kommen hergezogen, senken sich in weiten Bogen in den tiefen blauen See. Und zum Strande eilt der Ritter, lauscht durchs grüne Rohrgegitter in den stillen blauen See. Doch da sind es keine Schwäne, nein, in zauberhafter Schöne baden Mägdlein weiß wie Schnee. An dem Strand die Fitt'ge liegen, während sich die Wellen schmiegen brünstig an der Mägdlein Leib. Und der Ritter, list'ger Weise, schleicht sich hin und haschet leise sich ein solches Flügelpaar. Seht, die Schönen tauchen wieder aus dem See die weißen Glieder, rasch, rasch von Fittigen umweht. Und als Schwäne ziehn in Reihen unter Rauschen, unter Schreien lustig sie vom blauen See. Eine nur, die läuft behende noch am Strand und ringt die Hände, suchend nach dem Flügelpaar. Und der Ritternaht der Schönen: "Laß die Fitt'ge, laß die Tränen, folg' mir in mein nahes Schloß! Laß die Schwäne rauschen, fliegen, will in meinem Arm dich wiegen, küssen dir den roten Mund! Will statt der verlornen Schwingen dir ein goldnes Reifchen bringen, und dich nennen meine Braut." Und ins Aug' dem Jüngling blicket sie und folgt, von Lieb berücket, willig ihm ins stolze Schloß. Und er bringet, statt der Schwingen, ihr das Reiflein, und es klingen Horn und Flöt' zum Hochzeitsfest. Sieben Jahre sind entschwunden, heiter fast wie seiben Stunden, dem beglückten jungen Paar. Zieht Herr Walter da zum Jagen in des Herbstes rauhern Tagen: "Bald, mein Weibchen, kehr ich heim!" Da in Schränke, nie gesehen, locket Neugier sie, zu spähen, was doch da verborgen sei? Und sie sieht, o Freude, wieder ihre Schwingen, ihr Gefieder, das am Strand ihr ward geraubt. "Meine Flügel! beide, beide!" Jubelnd schlüpfet sie vor Freude in das flatternde Gewand, schwingt sich schnell dann in die Lüfte, über Wälder, Berge, Klüfte zieht sie wieder als ein Schwan. Und der Ritter sah entfliehen noch den Schwan im Heimwärtsziehen, aber nie die Schöne mehr.