Herr Heinrich saß am Vogelherd, Recht froh und wohlgemut; Aus tausend Perlen blinkt und blitzt Der Morgenröte Glut. In Wies und Feld, in Wald und Au, Horch, welch ein süßer Schall! Der Lerche Sang, der Wachtel Schlag, Die süße Nachtigall! Herr Heinrich schaut so fröhlich drein: Wie schön ist heut die Welt! Was gilt's, heut gibt's 'nen guten Fang! Er schaut zum Himmelszelt. Er lauscht und streicht sich von der Stirn Das blondgelockte Haar... Ei doch! was sprengt denn dort heran Für eine Reiterschar? Der Staub wallt auf, der Hufschlag dröhnt, Es naht der Waffen Klang; Daß Gott! die Herrn verderben mir Den ganzen Vogelfang! Ei nun! was gibt's? Es hält der Troß Vorm Herzog plötzlich an, Herr Heinrich tritt hervor und spricht: Wen sucht ihr Herrn? Sagt an! Da schwenken sie die Fähnlein bunt Und jauchzen: Unsern Herrn! Hoch lebe Kaiser Heinrich, hoch! Des Sachsenlandes Stern! Sich neigend knien sie vor ihm hin Und huldigen ihm still, Und rufen, als er staunend fragt: 's ist deutschen Reiches Will! Da blickt Herr Heinrich tief bewegt Hinauf zum Himmelszelt: Du gabst mir einen guten Fang! Herr Gott, wie dir's gefällt!
3 Balladen , opus 56
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Heinrich der Vogler
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Johann Nepomuk Vogl (1802 - 1866)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Hans-Heiko Voss) , "Henry the Bird-Catcher", copyright © 2003, (re)printed on this website with kind permission
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Enrico l'Uccellatore", copyright © 2006, (re)printed on this website with kind permission
2. Der Gesang
Language: German (Deutsch)
Erschaffen schon die Erde lag, so schön als man sie schauen mag, die Bäume standen grün belaubt, die Blumen wiegten sanft ihr Haupt, das Hirschlein sprang so froh umher, die Vöglein flogen kreuz und quer, doch nirgends klang ein froher Schall, und wie ein Grab lag Berg und Tal. Da sah der Herr herab zur Welt und dacht': "Es ist wohl recht bestellt, doch fehlt der Erde noch Gesang, der freudig schall' das Rund entlang." Und einen Engel sendet schnell der Herr aus seinem Himmel hell: "Du bring' hinab dies schöne Gut, des Sanges heil'ge Zauberflut, und lehre dort die Vöglein mein, zu singen Weisen schön und fein!" Und froh ob solcher Sendung eilt vom Herrn der Engel unverweilt und bricht vom Schilf ein Rohr im Flug, das just zu ihm sich neigt im Bug. Drauf setzt er nieder sich im Wald und bläst auf seinem Rohr alsbald, und bläst, daß wie von Lust bewegt, so Baum als Strauch sich rauschend regt. Und wie er bläst so wunderbar, da kommt herbei der Vöglein Schar, da springt hervor der Zeisig flink, da naht der Stieglitz und der Fink; da kreis't die Lerch' aus hoher Luft, Rotkehlchen schlüpft aus Laub und Duft, da flattert Meis' und Nachtigall herbei und horcht dem süßen Schall. Und immer nah'n der Vöglein mehr, schon sitzt ein ganzes Schülerheer, das schaut wohl auf den fremden Gast, verwundert sehr, von Zweig und Ast und horcht und streckt die Hälschen lang und piept und zwitschert nach den Sang und müht sich aus den Kehlchen klein, zu bringen solche Klänge fein. Und wie der Engel drauf entschwebt, da ist der Wald wie neu belebt, da zwitschert's, schallt's, da hallt's und klingt's, da tririlirt's und pfeift's und singt's, da regt es sich auf jedem Ast von namenloser Lust erfasst, und selbst vergnüget spricht der Herr: "Nun fehlt nur Eins der Erde mehr! Das ist der Mensch... daß eine Brust empfinde auch des Sanges Lust."
3. Urgroßvaters Gesellschaft
Language: German (Deutsch)
Sie waren alle zum Tanzplatz hinaus, Der Urgroßvater nur sitzet zu Haus, Der sitzt so betrübt im Winkel allein: "Wer wird nun mir Armen Gefährte sein?" "Jetzt drehn sie sich draußen mit heißen Gesicht, Doch des Greises zu Hause gedenken sie nicht." "Die Eltern, die lochen und scherzen viel Beim blinkenden Becher, bei Sang und Spiel." "Die Kleinen mit ihrem blonden Haar, Die meinen, sie seien im Himmel gar. Nur ich, ich sitze vergessen allein, Dem Alten mag Niemand Gefährte sein!" Da schallt's an sein Ohr im lauten Gewirr: "Was klagest du, Alter, wer sind denn wir?" Und wie flüchtige Geister umtanzt ihn ein Reih'n, Der schlinget in rosige Bande ihn ein, Und schmieget an ihn sich so tröstend und warm Und schlinget um den Greis den ätherischen Arm. Da neigt sich zu ihm wohl manch holdes Gesicht, Mit blühenden Wangen und Augen so licht. Das herzt ihn so milde, das kost ihn so lind, So sitzt unter Engeln das träumende Kind. Und als nun die Jungen vom Kirchmesstanz Heim Kommen gar matt mit verwelktem Kranz, Wie ist da der Greis so vergnügt und froh, Sie sahen den Lieben schon lange nicht so. Die Stirn, die gefurchet das Alter ihn hat, Wie ist die nur jetzt so verkläret und glatt. Und fragt ihr, was so ihm erhellet den Sinn? Das waren die Stunden, die längst schon dahin, Das waren die seligen Stunden der Lust, Die wieder umspielt die erstorbene Brust.