Ach, ich habe dich auf einem Stern verloren. Seiderauschend zogst du einst an mir vorbei, Und ich war und wußte bloß den wehen Schrei: Wo wirst du für mich und ich in dir geboren? Lebst du, Meine, unter schwerverschloßnen Toren, Mütter trennten, brachen uns vielleicht entzwei. Kennst du deiner Schwermut blasse Ahnenreih? Was du wurdest, hat sich wider mich verschworen. Ach, du hast dich selber von dir losgeschaffen. Trägst du mich gewiß in guten Abendarmen? Sollt ich mich aus einem Abschied selbst erraffen? Meine Ferne, kann ich ganz zu mir verarmen? Sah ich dich? ach, dieses war ein Kaumerinnern, Zufall, Wirrnis bei den klaren Mittagsspinnern.
Vier Lieder für eine mittlere Stimme und Klavier , opus 3
by Theodor W. Adorno (1903 - 1969)
1. Verloren  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Theodor Däubler (1876 - 1934), "Verloren", appears in Das Sternenkind, first published 1916
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2. An die Verlorene  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Als deine grauen Augen mich erweckten, War unser Ölbaum voll von schwerem Tau. Er trug sein Lilaperlenkleid zur Schau, Wie Flitter schwirrten silberne Insekten. Und als wir uns mit Scherzesrunzeln neckten, Erbaute sich vor uns die fromme Au, Ihr holder Morgen wurde hoch und lau. Da war es mir, als ob wir uns versteckten. Wer stand dann auf? Wir gingen wortlos weiter. Am Weg die Zwergzypressen schienen Kinder Ergreister Eltern: unsere Begleiter. Wir sprachen kaum, dann schritten wir geschwinder. Die Bäumchen blieben aus. Der Weg war breiter. In Staub verflimmert bettelte ein Blinder.
Text Authorship:
- by Theodor Däubler (1876 - 1934), "An die Verlorene", appears in Das Sternenkind, first published 1916
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3. In Venedig  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Stille in nächtigem Zimmer. Silbern flackert der Leuchter Vor dem singenden Odem Des Einsamen; Zaubrisches Rosengewölk. Schwärzlicher Fliegenschwarm Verdunkelt den steinernen Raum, Und es starrt von der Qual Des goldenen Tags das Haupt Des Heimatlosen. Reglos nachtet das Meer. Stern und schwärzliche Fahrt Entschwand am Kanal. Kind, dein kränkliches Lächeln Folgte mir leise im Schlaf.
Text Authorship:
- by Georg Trakl (1887 - 1914), "In Venedig", appears in Sebastian im Traum, in Gesang des Abgeschiedenen
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Bertram Kottmann) , "In Venice", copyright © 2020, (re)printed on this website with kind permission
4. Letzte Wache  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Wie dunkel sind deine Schläfen. Und deine Hände so schwer. Bist du schon weit von dannen, Und hörst mich nicht mehr. Unter dem flackenden Lichte Bist du so traurig und alt, Und deine Lippen sind grausam In ewiger Starre gekrallt. Morgen schon ist hier das Schweigen Und vielleicht in der Luft Noch das Rascheln von Kränzen Und ein verwesender Duft. Aber die Nächte werden Leerer nun, Jahr um Jahr. Hier wo dein Haupt lag, und leise Immer dein Atem war.
Text Authorship:
- by Georg Heym (1887 - 1912), "Letzte Wache"
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Confirmed with Georg Heym, Gedichte, Sammlung aus dem Projekt Gutenberg-DE, 2017