Von Sternen glitt ein stummer Funke und sank in warme Erdennacht; ihn griff das Spiel der lauen Winde und wog ihn sacht und trug ihn sacht. Ich fing ihn mit den stillsten Händen: er war nur Glut, doch Flamme nicht. So hob ich ihn auf deinen Scheitel, da ragst du nun und strahlst ein Licht!
Acht Lieder nach Walter Calé , opus 18
by Johanna Müller-Hermann (1878 - 1941)
1. Von Sternen glitt ein stummer Funke
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), no title, appears in Nachgelassene Schriften
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2. Die Stunde, da ich dich zuerst ersah
... --------------- Die Stunde, da ich dich zuerst ersah, mein Bruder, höre, solches war die Stunde: Ich sahe dich, und alle Menge wogte, du ragtest über, und du sahest nicht. Ich sahe dich, du schrittest ohne Pfade und schrittest sicher, und du sahest nicht. Ich sahe dich, und deine Blicke schimmern von andern Sonnen, und du sahest nicht. Ich sahe dich, und deine Lippen bebten von andern Lauten, und du sahest nicht. Ich sahe dich und sah zu jener Stunde: du bist der Fremde, und der einsam ist. Ich sahe dich und sah in jener Stunde zu Häupten deinen Kranz und liebte dich! ...
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), "..die Stunde, da ich dich zuerst ersah..", appears in Nachgelassene Schriften
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3. Beim stummen Gange durch die finstern Bäume
Beim stummen Gange durch die finstern Bäume, und wo nicht Laub und Ast zu flüstern wagen, da werd' ich stille stehn, in Gruß mich neigen, o Trösterin, o Abendeinsamkeit. Und bei dem Weiher voll erloschnem Glanze, der eine Träne auf des Abends Wange, da werd' ich stille stehn, in Gruß mich neigen, o Trösterin, o Abendeinsamkeit. Und bei dem blassen Himmel, der in Lichtern die Sonne träumt, die lange sterben mußte, da werd' ich stille stehn, in Gruß mich neigen, o Trösterin, o Abendeinsamkeit.
4. Abendstunde
Es weht dein ferner Atem mich sachte kühlend an. Ganz tief lieg' ich verwoben in dieser Stunde Bann. Und alles unser Wissen zerrinnt in Abendglut, von allen unsern Worten bleibt eins nur: sei mir gut!
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), "Abendstunde"
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Confirmed with Nachgelassene Schriften von Walter Calé. Mit einem Vorwort von Fritz Mauthner, herausgegeben und eingeleitet von Arthur Brückmann, Dritte Auflage, Berlin: S. Fischer Verlag, 1910, page 71
It’s from the section called "Gedichte (1899-1904)."5. Du gabst mir deine Hand
Du gabst mir deine Hand, da fühl' ich dich, und nichts mehr fühl' ich als den Druck der Hand. Denn nur ein Hauch sind deine Worte mir, ein toter Hauch, und meine Worte dir ; und deine Arme, die du um mich schlangest, sie spür' ich fern, und deines Lebens Strom, der pocht und pocht, verrinnt mir unerkannt, und keine Brücke ist von Mensch zu Mensch.
6. Es goß mein volles Leben sich
Es goß mein volles Leben sich selig vor dir aus, in Arme magst du's heben und tragen in dein Haus. All Leid und alles Wissen ihm abgeworfen sind, es harret deiner Winke, es ist nur wie ein Kind. Es will dich ganz umschlingen, tauchen ins Auge dein und trunken bei dir singen: "Wir werden Eines sein."
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), no title, appears in Nachgelassene Schriften, in Lieder (1902-1903)
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2016, (re)printed on this website with kind permission
7. Eine liebe Stunde
Und eine liebe Stunde kam gegangen und schmiegt ihr Haupt sehnsüchtig an mein Knie. Ich streichle ihre feinen blassen Wangen, und auf die dunkeln Augen küß' ich sie. Von bunten Träumen laß ich mich nicht locken, ich denke nur wie an ein leises Lied. Von ferne läuten manche Silberglocken, weil eine liebe Stunde vor mir kniet.
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), "Eine liebe Stunde"
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Confirmed with Walter Calé, Nachgelassene schriften von Walter Calé, S. Fischer, 1914, p.59
Note: there exist several different versions of the Müller-Hermann song in manuscript. In line 7, word 4 ("manche") is replaced with "zarte" in one manuscript and "helle" in another.
8. Encore
Nun bist du ruhig, liebes Herz, Die Schmerzen gleiten nur so von weiten noch heimatwärts. Das waren trübe Zeiten. Der Mond wacht schon am Himmel lang. Mir quillt versonnen aus Seelenbronnen ein kühler Sang von neuen lieben Wonnen. Was sing' ich denn die trübe Nacht? Laßt uns doch warten! Bald kommt in Fahrten von hoher Pracht der Tag in unsern Garten. Die böse Sehnsucht ist mir tot. Der Tag will schlingen um mich ein Klingen. Glück wuchs aus Not. Wie will ich fröhlich singen!
Text Authorship:
- by Walter Calé (1881 - 1904), "Encore", appears in Nachgelassene Schriften, in Gedichte (1899-1904)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Luise Haessler) , "Encore"