„Man muss sterben weil man sie kennt.” Sterben an der unsäglichen Blüte des Lächelns. Sterben an ihren leichten Händen. Sterben an Frauen. Singe der Jüngling die tödlichen, wenn sie ihm hoch durch den Herzraum wandeln. Aus seiner blühenden Brust sing er sie an: unerreichbare! Ach, wie sie fremd sind. Über den Gipfeln seines Gefühls gehn sie hervor und ergießen süß verwandelte Nacht ins verlassene Tal seiner Arme. Es rauscht Wind ihres Aufgangs im Laub seines Leibes. Es glänzen seine Bäche dahin. Aber der Mann schweige erschütterter. Er, der pfadlos die Nacht im Gebirg seiner Gefühle geirrt hat: schweige. Wie der Seemann schweigt, der ältere, und die bestandenen Schrecken spielen in ihm wie in zitternden Käfigen.
Vier Lieder , opus 6
by Werner Bitter (b. 1899)
1. Man muß sterben, weil man sie kennt  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1914, first published 1918
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Note for "Man muss sterben weil man sie kennt" from edition: "Papyrus Prisse". Aus den Sprüchen des Ptah-hotep, Handschrift um 2000 v. Ch.
2. Welt war in dem Antlitz der Geliebten  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Welt war in dem Antlitz der Geliebten aber plötzlich ist sie ausgegossen : Welt ist draußen, Welt ist nicht zu fassen. Warum trank ich nicht, da ich es aufhob, aus dem vollen, dem geliebten Antlitz Welt, die nah war, duftend meinem Munde? Ach, ich trank. Wie trank ich unerschöpflich . Doch auch ich war angefüllt mit zu viel Welt, und trinkend ging ich selber über.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, appears in Letzte Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Leipzig : Insel-verlag, 1927, p.445
3. Schlaflied  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Einmal wenn ich dich verlier, wirst du schlafen können, ohne dass ich wie eine Lindenkrone mich verflüstre über dir? Ohne dass ich hier wache und Worte, beinah wie Augenlider, auf deine Brüste, auf deine Glieder niederlege, auf deinen Mund. Ohne dass ich dich verschließ und dich allein mit Deinem lasse wie einen Garten mit einer Masse von Melissen und Stern-Anis.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Schlaflied", written 1908, appears in Der neuen Gedichte anderer Teil
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4. Als du mich einst gefunden hast  [sung text not yet checked]
Language: German (Deutsch)
Als du mich einst gefunden hast, da war ich klein, so klein, und blühte wie ein Lindenast [nur]1 still in dich hinein. Vor Kleinheit war ich namenlos und sehnte mich so hin, bis du mir sagst, dass ich zu groß für jeden Namen bin: Da fühl ich, dass ich eines bin mit Myrthe, Mai und Meer, und wie der Duft des Weines bin ich deiner Seele schwer...
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Als du mich einst gefunden hast", written 1898, appears in Frühe Gedichte, in Mädchen-Gestalten, no. 1
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "Quand tu m'as trouvé, il y a longtemps", copyright © 2013, (re)printed on this website with kind permission
1 Pejačević: "so"