Zwei Becken, eins das andere übersteigend aus einem alten runden Marmorrand, und aus dem oberen Wasser leis sich neigend zum Wasser, welches unten wartend stand, dem leise redenden entgegenschweigend und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand, ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend wie einen unbekannten Gegenstand; sich selber ruhig in der schönen Schale verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis, nur manchmal träumerisch und tropfenweis sich niederlassend an den Moosbehängen zum letzten Spiegel, der sein Becken leis von unten lächeln macht mit Übergängen.
Rilke Songs
Song Cycle by Benedict Mason (b. 1954)
1. Römische Fontäne  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Römische Fontäne", subtitle: "Borghese", written 1906
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Die Flamingos  [sung text not yet checked]
In Spiegelbildern wie von Fragonard ist doch von ihrem Weiß und ihrer Röte nicht mehr gegeben, als dir einer böte, wenn er von seiner Freundin sagt : sie war noch sanft von Schlaf. Denn steigen sie ins Grüne und stehn, auf rosa Stielen leicht gedreht, beisammen, blühend, wie in einem Beet, verführen sie verführender als Phryne sich selber ; bis sie ihres Auges Bleiche hinhalsend bergen in der eignen Weiche, in welcher Schwarz und Fruchtrot sich versteckt. Auf einmal kreischt ein Neid durch die Volière ; sie aber haben sich erstaunt gestreckt und schreiten einzeln ins Imaginäre.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Die Flamingos", subtitle: "Paris, jardin des plantes", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Gedichte, Gesammelte Werke, Band III, Leipzig: Insel-verlag, 1929, p.236
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
3. Nächtliche Fahrt  [sung text not yet checked]
Damals als wir mit den glatten Trabern (schwarzen, aus dem Orloff'schen Gestüt) -, wahrend hinter hohen Kandelabern Stadtnachtfronten lagen, angefrüht, stumm und keiner Stunde mehr gemäß -, fuhren, nein: vergingen oder flogen und um lastende Paläste bogen in das Wehn der Newa-Quais, hingerissen durch das wache Nachten, das nicht Himmel und nicht Erde hat, - als das Drängende von unbewachten Garten gärend aus dem Ljetnij-Ssad aufstieg, während seine Steinfiguren schwindend mit ohnmächtigen Konturen hinter uns vergingen, wie wir fuhren -: damals hörte diese Stadt auf zu sein. Auf einmal gab sie zu, dass sie niemals war, um nichts als Ruh flehend; wie ein Irrer, dem das Wirrn plötzlich sich entwirrt, das ihn verriet, und der einen jahrelangen kranken gar nicht zu verwandelnden Gedanken, den er nie mehr denken muss: Granit - aus dem leeren schwankenden Gehirn fallen fühlt, bis man ihn nicht mehr sieht.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Nächtliche Fahrt", subtitle: "Sankt Petersburg"
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, rainer-maria-rilke.de/090053naechlichefahrt.html
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
4. Übung am Klavier  [sung text not yet checked]
Der Sommer summt. Der Nachmittag macht müde; sie atmete verwirrt ihr frisches Kleid und legte in die triftige Etüde die Ungeduld nach einer Wirklichkeit, die kommen konnte: morgen, heute abend -, die vielleicht da war, die man nur verbarg; und vor den Fenstern, hoch und alles habend, empfand sie plötzlich den verwöhnten Park. Da brach sie ab; schaute hinaus, verschränkte die Hände; wünschte sich ein langes Buch - und schob auf einmal den Jasmingeruch erzürnt zurück. Sie fand, daß er sie kränkte.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Übung am Klavier", appears in Der neuen Gedichte anderer Teil, first published 1908
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Venezianischer Morgan  [sung text not yet checked]
Fürstlich verwöhnte Fenster sehen immer, was manchesmal uns zu bemühn geruht: die Stadt, die immer wieder, wo ein Schimmer von Himmel trifft auf ein Gefühl von Flut, sich bildet, ohne irgendwann zu sein. Ein jeder Morgen muß ihr die Opale erst zeigen, die sie gestern trug, und Reihn von Spiegelbildern ziehn aus dem Kanale und sie erinnern an die andern Male: dann gibt sie sich erst zu und fällt sich ein wie eine Nymphe, die den Zeus empfing. Das Ohrgehäng erklingt an ihrem Ohre; sie aber hebt San Giorgio Maggiore und lächelt lässig in das schöne Ding.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Venezianischer Morgen", subtitle: " Richard Beer-Hofmann zugeneigt", written 1908, appears in Der neuen Gedichte anderer Teil
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Der neuen Gedichte anderer Teil, Leipzig : Insel-Verlag ,1918 ,p.73
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6. Spanische Tänzerin  [sung text not yet checked]
Wie in der Hand ein Schwefelzündholz, weiß, eh es zur Klamme kommt, nach allen Seiten zuckende Zungen streckt—: beginnt im Kreis naher Beschauer hastig, hell und heiß ihr runder Tanz sich zuckend auszubreiten. Und plötzlich ist er Flamme ganz und gar. Mit ihrem Blick entzündet sie ihr Haar und dreht auf einmal mit gewagter Kunst ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst, aus welcher sich, wie Schlangen, die erschrecken, die nackten Arme wach und klappernd strecken. Und dann: als würde ihr das Feuer knapp, nimmt sie es ganz zusamm und wirft es ab sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde und schaut: da liegt es rasend auf der Erde und flammt noch immer und ergibt sich nicht—. Doch sieghaft, sicher und mit einem süßen grüßenden Lächeln hebt sie ihr Gesicht und stampft es aus mit kleinen festen Füßen.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Spanische Tänzerin", appears in Neue Gedichte
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Confirmed with Rainer Maria Rilke, Neue Gedichte, Leipzig: Insel-Verlag, 1920
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