"Es hat das Herz des Menschen ganz eigne Länderkarten! Die Stelle, wo ihm Liebes begegnet auf seinen Fahrten, bezeichnet ihm schon ferne ein heit'rer heller Stern, wie ihn geseh'n die Weisen einst ob der Krippe des Herrn. "Wie bist du, Stern, so funkelnd ob Augsburg mir zu schaun, wie Treu' im Blick der Männer, wie Huld im Auge der Frau'n, wehmütig Leuchten sendend den Tagen, die verglommen, ein süß Verheissen streuend auf Tage, die noch kommen!" Max sprach's zum Kreis der Treuen, die fröhlich mit ihm ritten, das Lechfeld lag vor ihnen, die liebe Stadt inmitten. "Was blinkt dort im Gehölze, als ob's ein Lager wäre? Wohl gar der Egypterherzog mit seinem Zigeunerheere?" Herr Kunze drauf erwiedert: "Wenn recht mein Auge sah, wohl lagert Herzog Amors Zigeunervölklein da; doch scheint's nicht fest im Wandern, die Füßchen sind schon wund, was Wunder? Fahrende Fräulein ja lagern dort am Grund. "O seht das seltne Lager! die Lanzen sind Nadelspitzen, als Schilder, gehängt an Bäume, rings Spiegel und Spiegelchen blitzen, viel Pfeile in braunen, dunklen und schwarzen Köchern der Augen, als grob und leicht Geschütze die Zungen und Zügelchen taugen! "Und hat das Herz des Menschen ganz eigne Länderkarten, mußt' ihnen zum Kometen dein heller Stern entarten, als des Profosen Rute, im Zorn ob Augsburg lohend, unsüßen Abschieds mahnend und böse Rückkehr drohend!" Da faßt der Fräulein eines des Kaisers Zügel leise: "Gestatt' in deinem Schutze, Herr, uns die Heimatreise, heimführe die Töchter wieder dem weisen Magistrat, die Schwestern seinen Söhnen und uns der Vaterstadt!" Da klammerten sich die Mägdlein an Bügel ihm und Zaum, an Mähn' und Schweif des Rosses und an des Mantels Saum. Der Kaiser läßt's geschehen, er denkt nur still bei sich: "Euch wird mein Purpur schützen, mein graues Haar schützt mich!" So ritt der Zug von dannen, Herr Kunz ritt hinterdrein und trieb ein buntes Denken, zu laut fast mocht' es sein: "O Max, du seltner Jäger! Sieh, was sich für Vöglein fingen, Dir lustig zappelnd und flatternd in Garn und Rosshaar schlingen! "O Max, du seltner Gärtner! Schmückt du zum Rosenturnei des Zelters Schweif und Mähnen mit Blumen bunterlei? O Max, du seltner Kaiser! Welch Prachtgewand ist dein! Das wird ein Balgen der Pagen nur um die Schleppe sein!" Am Tor stehn Volk und Ratsherrn. Seltsam Gefühl! beflog sie all', nun mit den Mägdlein einher der Kaiser zog. Es wallt um sie, wie schirmend, sein Mantel faltig, weit, wie All' uns hält umschlungen die Allbarmherzigkeit.
Der letzte Ritter
Song Cycle by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Max in Augsburg  [sung text checked 1 time]
Authorship:
- by Anton Alexander, Graf von Auersperg (1806 - 1876), as Anastasius Grün
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Max in Augsburg", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
2. Max und Dürer  [sung text checked 1 time]
Fürst, Trossbub, Ritter, Gauner durchwimmeln Augsburgs Gassen; im Saal die Ratsherrn zankend, und zankend Volk auf der Strassen, hier doppelt volle Schenken, doch Armut rings im Land! Wie mögt ihr solches heissen? Reichstag war's deutsche genannt. Max sah vom Fenster düster ins tolle Gewühl hinein, da trat in schlichtem Wamse ein Mann gar schüchtern ein. "Gott grüss dich, Meister Dürer! Wo kommst du her so schnell? Wie kommt die Kunst zum Reichstag? nach Babel mein Apell?" "Nur eine Gnade wollt' ich, o Herr, von Euch erflehn, ich komme d'rum von Nürnberg, laßt freundlich es geschehn! Ach, gerne malt' ich einmal noch Euer Konterfei, hell strahlend wie sein Urbild, doch auch so wahr und treu." Der Kaiser faßt wehmütig des Künstlers Hand und spricht: "Bei mir will's Abend werden; drum eh' die Nacht anbricht, willst du die Landschaft zeichnen, vom Spätlicht karg verklärt! Gelt, Freund, so magst du's meinen? Wohlan, gern sei's gewährt." Der Maler nimmt den Pinsel, Leinwand und Farbenschrein: "Noch bitt' ich Eins, mein Kaiser, sehst nicht so finster d'rein!" Starr auf die graue Leinwand ist Maxens Blick gebannt: "Ich denk' an Staub und Asche, auch grau wie diese Wand." Der Maler zeichnet weiter, Mund, Wange Nas' und Blick, der Kaiser sinkt vor Lachen jetzt in den Stuhl zurück: "Ho, ho, da droht sie wieder, als ob sie der Spiegel wies', die ungeheure Nase, die sich so oft schon stieß!" Und Farb' auf Farb' entlodert, wie Frühlingsblütenglanz, und Leben, Frühlingsleben, durchschwillt den Farbenkranz, aufblüht die Farb', umkosend als Lächeln hier den Mund, als Ernst gar finster thronend dort auf dem Stirnenrund. "Seht da den ganzen Menschen, dies alte, treue Haus, Schmerz sieht zum einen Fenster wehmüt'gen Blicks heraus, die Freude steht am andern und nickt und lächelt mild, nur hängt an diesem Hause die Kron' als Aushängschild! "Leb' wohl nun, Bruder Albrecht! Ja, Bruder nenn' ich dich, ein König heiß' ich, König bist du so gut als ich; ein Stücken Gold mein Zepter, mein Reich en Stück grün Land, dein Zepter Stift und Kohle, dein Reich die Leinewand. "Die Heere bunter Farben sind Untertanen dir, wohl treuer dir ergeben, traun, als die meinen mir! Und Leben ist das Endziel, dem unsre Kraft geweiht, und bei der Müh und Arbeit gilt der Unsterblichkeit. "Und doch, ist's einst gelungen, und glauben wir's vollbracht, wornach wir treu gerungen Tags über und bei Nacht, kommt, unser Werk benüchterner Gesell und meint, das Bild sei leidlich, der Thron steh' schief zur Stell'. "Behüt' dich Gott mein Albrecht! kehrst du nach Nürnberg heim, so grüss mir den Hans Sachse, den Mann mit Pfriem und Reim; macht er ein Liedlein wieder, so sei's ein Sterbelied, bald hört ihr, daß ein König, der lieb euch war, verschied." So sprach der Fürst. Ins Auge schaut er dem schlichten Mann, und sieht ihm milden Blickes wohl lang und schweigend an, blickt dann aufs eigne Bildnis, geschmückt mit Kron' und Gold und lächelt still, wie einer, der lieber weinen wollt'.
Authorship:
- by Anton Alexander, Graf von Auersperg (1806 - 1876), as Anastasius Grün
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Max e Dürer", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
3. Max' Abschied von Augsburg  [sung text checked 1 time]
Max wollt' aus Augsburg reiten. Doch ist's bestellt nicht gut, wenn auf die Fahrt dem Reiter Spornstiefel fehlt und Hut! Die stahlen ihm Augsburgs Frauen, daß er noch bleiben sollt'; er löst mit einem Tänzlein sie aus dem Gefängnis hold. Max ritt aus Augsburgs Toren. Doch ist's bestellt unlieb, wenn aus der Stadt du rittest, dein Herz doch drinnen blieb! So zog er traurig die Strasse durchs weite Lechfeld fort, bis zu der grauen Säule, Rennsäule heißt sie dort. Da hielt er an die Zügel und wandte rasch sein Pferd, zur Stadt noch einmal blickend, die ihm vor allen wert. "Mein treues, schönes Augsburg, da liegst du im Morgenlicht! Die Trauer meiner Seele ahnst du, die Heitre, nicht. "Du ahnst nicht, daß ich segnend zu dir noch niederblicke, und kannst ihn nicht erwiedern, den Gruß, den ich dir schicke; gleichwie das Kind im Schlummer wohl nimmermehr es ahnt, daß erst an seinem Bette der Vater segnend stand." Und feierlich dann schlug er dreimal das Kreuz vor sich: "Leb' wohl, und Gottes Segen, mein Augsburg, über dich! Er lohne deine Liebe und deinen treuen Sinn! Er schütze deine Mauern und all die Frommen drin! "Wir sehn uns nimmer wieder, so leb' denn ewig wohl! Viel Treue harren meiner im schönen Land Tirol; drum traure nicht, mein Auge, erhell' dich, Angesicht: Von Freunden gehn zu Freunden ist, traun, so übel nicht! "So möcht' ich einst auch wandeln ins stille Geisterreich und heitren Mutes scheiden, ihr Vielgeliebten, von euch, zum Kreis der Lieben wallen, der dort mein harrend spricht: Von Freunden gehn zu Freunden ist ja so übel nicht!"
Authorship:
- by Anton Alexander, Graf von Auersperg (1806 - 1876), as Anastasius Grün
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ITA Italian (Italiano) (Amelia Maria Imbarrato) , "Il commiato di Max da Augusta", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission