Die Worte des Engels Du bist nicht näher an Gott als wir; wir sind ihm alle weit. Aber wunderbar sind dir die Hände benedeit. So reifen sie bei keiner Frau, so schimmernd aus dem Saum: ich bin der Tag, ich bin der Tau, du aber bist der Baum. Ich bin jetzt matt, mein Weg war weit, vergieb mir, ich vergaß, was Er, der groß in Goldgeschmeid wie in der Sonne saß, dir künden ließ, du Sinnende, (verwirrt hat mich der Raum). Sieh: ich bin das Beginnende, du aber bist der Baum. Ich spannte meine Schwingen aus und wurde seltsam weit; jetzt überfließt dein kleines Haus von meinem großen Kleid. Und dennoch bist du so allein wie nie und schaust mich kaum; das macht: ich bin ein Hauch im Hain, du aber bist der Baum. [Die Engel alle bangen so, lassen einander los: noch nie war das Verlangen so, so ungewiss und groß. Vielleicht, dass Etwas bald geschieht, das du im Traum begreifst.]1 Gegrüßt sei, meine Seele sieht: du bist bereit und reifst. Du bist ein großes, hohes Tor, und aufgehn wirst du bald. Du, meines Liedes liebstes Ohr, jetzt fühle ich: mein Wort verlor sich in dir wie im Wald. So kam ich und vollendete dir tausendeinen Traum. Gott sah mich an; er blendete... Du aber bist der Baum.
Rilke-Triptychon
Song Cycle by Thomas F. Schubert (b. 1961)
1. Verkündigung. Die Worte des Engels  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Verkündigung", written 1899
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View original text (without footnotes)1 omitted by T. Schubert.
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
2. Magnificat  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Sie kam den Hang herauf, schon schwer, fast ohne an Trost zu glauben, Hoffnung oder Rat; doch da die hohe tragende Matrone ihr ernst und stolz entgegentrat und alles wußte ohne ihr Vertrauen, da war sie plötzlich an ihr ausgeruht; vorsichtig hielten sich die vollen Frauen, bis daß die junge sprach: Mir ist zumut, als wär ich, Liebe, von nun an für immer. Gott schüttet in der Reichen Eitelkeit fast ohne hinzusehen ihren Schimmer; doch sorgsam sucht er sich ein Frauenzimmer und füllt sie an mit seiner fernsten Zeit. Daß er mich fand. Bedenk nur; und Befehle um meinetwillen gab von Stern zu Stern -. Verherrliche und hebe, meine Seele, so hoch du kannst: den HERRN.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
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Researcher for this page: Maria Nimmerfall3. Der Auferstandene  [sung text checked 1 time]
Language: German (Deutsch)
Er vermochte niemals bis zuletzt ihr zu weigern oder abzuneinen, daß sie ihrer Liebe sich berühme; und sie sank ans Kreuz in dem Kostüme eines Schmerzes, welches ganz besetzt war mit ihrer Liebe größten Steinen. Aber da sie dann, um ihn zu salben, an das Grab kam, Tränen im Gesicht, war er auferstanden ihrethalben, daß er seliger ihr sage: Nicht - Sie begriff es erst in ihrer Höhle, wie er ihr, gestärkt durch seinen Tod, endlich das Erleichternde der Öle und des Rührens Vorgefühl verbot, um aus ihr die Liebende zu formen die sich nicht mehr zum Geliebten neigt, weil sie, hingerissen von enormen Stürmen, seine Stimme übersteigt.
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
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