Ich war dem Tropfen [Gegenwart]1 entronnen, Und offen lag vor meinem Geiste nun Der [Lebensozean]2, an dessen Ufer Sonnen, Wie ausgeworfne Kiesel, ruhn. Die Milchbahn streckte weit, durch unermeßne Fluren, Die tausend Arme wundervoll hinaus. Dort drückte seine hellen Spuren Verweilender das Wandeln Gottes aus Da blitzten, wie von Götteridealen, Unsterbliche Gedankenstrahlen In meinem tiefsten Leben auf. Verklärter schwebten Monde hin und Erden; Aus Schattenhallen gingen sie herauf; Zu Morgensternen sah ich Abendsterne werden; Die Schatten blühten selbst zu Lichtgestalten auf. Gestirne zogen dort in weit entfernten Gleisen; Sie drangen bleich herauf mit ihren Nebelau'n, Wie Geister, die aus öden Lebenskreisen Nach einer hellern Sonne schau'n. Sanft dämmerte das Licht der Dioskuren, Halb überschattet, halb erhellt, Gleich den, im Menschen tief verschlungenen, Naturen Der Lichtwelt und der Schattenwelt. Ich sah den Strahlenkranz im Haar der Jungfrau schweben; Sie trat hervor, die reiche Himmelsbraut, Mit glänzendem Gefolg umgeben. Die Lyra tönte sanft, wie Äolsharfenlaut; Die Ätherstille ging in Harmonien über. Es wehten Lieder von der Flur Des festlichen Arkturs herüber; Und rötlich blinkte der Arktur, Als wär' er überblüht mit lauter Rosenkronen. Hier ist es, wo, im Schoß der lieblichsten Natur, Die Sympathien der schönen Seelen wohnen.
Ich war dem Tropfen Gegenwart entronnen
Set by Friedrich Heinrich Himmel (1765 - 1814), "Ich war dem Tropfen Gegenwart entronnen", 1814, published 1880, from Gesänge aus Tiedge's Urania, no. 6  [sung text checked 1 time]
Note: this setting is made up of several separate texts.
Authorship:
- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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View original text (without footnotes)1 Himmel: "Zeit"
2 Himmel: "Ozean"
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]
So schwang mein Geist sich auf zum Gottesdienst der Sphären. [Und dieser Gottesdienst verkündet keinen Gott?]1 -- Bei jenen flammenden Altären Im Tempel der Natur! hier ist, hier [herrscht ein]2 Gott!
Authorship:
- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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View original text (without footnotes)1 Himmel: "Ha! welch ein Gottesdienst der Nacht! Und doch kein Gott?"
2 Himmel: "waltet"
Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]