Ich weih' im Tale den tiefsten Hain, Dass seine Beschattung mich hülle; Zum ruhigen Heiligtum weih' ich ihn ein, Zum Tempel der göttlichsten Stille. Geheimnissvoll ist diess Friedensreich, Das flüsternde Lauben umgrünen; Da ist mir am blühenden Rosengesträuch Die Hore der Weihung erschienen. Mein Geist war fern um ein teures Grab Vertieft in unendliches Trauern; Da kam auf mich ahnendes Leben herab, Gleich wunderbar seligen Schauern. Und schön, wie himmlische Jungfrau'n, schön, Zur heiligen Botschaft erlesen, Entschwebte dem Lichte vergeltender Höh'n Ein reines, ätherisches Wesen. Hell floss um blondes Gelock der Kranz. So strahlt's an unsterblichen Stirnen; Doch dämmert es ernst durch den leuchtenden Glanz, Es war das erhabenste Zürnen. "Wer bist Du, schwebende Lichtgestalt? Entflohst Du dem himmlischen Reigen!" - - O wunderbar scholl's durch den säuselnden Wald; "Urania!" scholl's in den Zweigen. "Gebeutst Du, zürnend, Erhebung mir? O zürne, Du Hohe, nicht länger! Schon naht sich, in frommer Begeisterung, Dir Der einsame, trauernde Sänger." Und sanfter floss um die Lichtgestalt Die Ruhe der Göttergefilde; Und tröstend umfing mich die süße Gewalt, Die Kraft unaussprechlicher Milde. O, darum weih' ich den tiefen Hain, Dass seine Beschattung mich hülle, Zum ruhigen Heiligtum weih' ich ihn ein, Zum Tempel der göttlichen Stille! Dort schwebt, verherrlicht, mein Geist hinauf, Entfesselt hinüber ins Freie. Dort richt ich den Altar Uraniens auf, Im Hain der erhabenen Weihe. Kein Frevler nahe dem Altar sich, Den heilige Schatten umschleiern! Dort aber soll, hohe Vergötterte, Dich Mein sanftester Harfenton feiern.
Gesänge aus Tiedge's Urania
Song Cycle by Friedrich Heinrich Himmel (1765 - 1814)
1. Die Weihe Sung Text
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), "Die Weihe", appears in Urania
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Research team for this page: Ferdinando Albeggiani , Sharon Krebs [Guest Editor]O der Helle, die dem guten Schwärmer Nichts zu zeigen hat, als seine Nacht! O des Lichtes, das den Glauben ärmer, Und die Weisheit doch nicht reicher macht!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Erster Gesang (Klagen des Zweiflers)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]2. Mir auch war ein Leben aufgegangen
Mir auch war ein Leben aufgegangen, Welches reich bekränzte Tage bot; An der Hoffnung jugendlichen Wangen Blühte noch das erste, zarte Rot; Auf der Gegenwart umrauschten Wogen Brannt' ein Morgen, schön, wie Opferglut; Hohe Traumgestalten zogen Stolz, wie Schwäne, durch die rote Flut; Leichte Stunden rannen schnell und schneller An dem halberwachten Träumer hin, Und die Gegend lag schon hell und heller, Nur auch wüster, da vor meinem Sinn.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Erster Gesang (Klagen des Zweiflers)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. An die Hoffnung
...
Die du so gern in heil'gen Nächten feierst
Und sanft und weich den Gram verschleierst,
Der eine zarte Seele quält,
O Hoffnung! Laß, durch dich empor gehoben,
Den Dulder ahnen, daß dort oben
Ein Engel seine Tränen zählt!
Wenn, längst verhallt, geliebte Stimmen schweigen;
Wenn unter ausgestorb'nen Zweigen
Verödet die Erinn'rung sitzt:
Dann nahe dich, wo dein Verlaßner trauert
Und, von der Mitternacht umschauert,
Sich auf versunk'ne Urnen stützt.
Und blickt er auf, das Schicksal anzuklagen,
Wenn scheidend über seinen Tagen
Die letzten Strahlen untergehn:
Dann laß' ihn um den Rand des Erdentraumes
Das Leuchten eines Wolkensaumes
Von einer nahen Sonne seh'n!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Erster Gesang (Klagen des Zweiflers)
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- DUT Dutch (Nederlands) [singable] (Lau Kanen) , "Aan de hoop", copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
- ENG English (Emily Ezust) , "To Hope", copyright ©
- FRE French (Français) (Guy Laffaille) , "À l'espérance", copyright © 2010, (re)printed on this website with kind permission
4. Gott! ein Gott! ach, irrend such' ich ihn!
Gott! ein Gott! ach, irrend such' ich ihn! -- Draußen, in der blaugewölbten Halle Seines Tempels, such' ich seine Spur; Suche Hoffnung, Trost und Ruh', und falle Weinend in die Arme der Natur. An die Sterne heften meine Klagen Manches tiefe, seufzende Warum? Keine Antwort spricht aus meinen Fragen; Alles schweigt, die Mitternacht ist stumm.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Erster Gesang (Klagen des Zweiflers)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]5. Heil'ge Nacht! du führest deine Globen
Heil'ge Nacht! du führest deine Globen Still und friedlich durch den Himmelsraum; Wohnet Licht und Friede nur dort oben? Ist hienieden alles Traum? Traumgestalten gleich, dahingeschwunden Sind, im wilden Sturme des Gewühls, Die erhabnen, großen Weihestunden Unsers zartesten Gefühls. Hat der edle Sieger welke Kränze, Hat er Totenkränze nur gepflegt, Die er, schwindend, an der öden Grenze Dieses Lebens niederlegt? Ruhe, dich! dich such' ich, holder Friede! Suche dein Gestirn am Himmel auf; Tief im Dunkel, tief verirrt und müde Schließt dein Pilger seinen Lauf.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Erster Gesang (Klagen des Zweiflers)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]6. Ich war dem Tropfen Gegenwart entronnen Sung Text
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Ich war dem Tropfen Zeit entronnen, Und offen lag vor meinem Geiste nun Der Ozean, an dessen Ufer Sonnen, Wie ausgeworfne Kiesel, ruhn. Die Milchbahn streckte weit, durch unermeßne Fluren, Die tausend Arme wundervoll hinaus. Dort drückte seine hellen Spuren Verweilender das Wandeln Gottes aus Da blitzten, wie von Götteridealen, Unsterbliche Gedankenstrahlen In meinem tiefsten Leben auf. Verklärter schwebten Monde hin und Erden; Aus Schattenhallen gingen sie herauf; Zu Morgensternen sah ich Abendsterne werden; Die Schatten blühten selbst zu Lichtgestalten auf. Gestirne zogen dort in weit entfernten Gleisen; Sie drangen bleich herauf mit ihren Nebelau'n, Wie Geister, die aus öden Lebenskreisen Nach einer hellern Sonne schau'n. Sanft dämmerte das Licht der Dioskuren, Halb überschattet, halb erhellt, Gleich den, im Menschen tief verschlungenen, Naturen Der Lichtwelt und der Schattenwelt. Ich sah den Strahlenkranz im Haar der Jungfrau schweben; Sie trat hervor, die reiche Himmelsbraut, Mit glänzendem Gefolg umgeben. Die Lyra tönte sanft, wie Äolsharfenlaut; Die Ätherstille ging in Harmonien über. Es wehten Lieder von der Flur Des festlichen Arkturs herüber; Und rötlich blinkte der Arktur, Als wär' er überblüht mit lauter Rosenkronen. Hier ist es, wo, im Schoß der lieblichsten Natur, Die Sympathien der schönen Seelen wohnen.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]So schwang mein Geist sich auf zum Gottesdienst der Sphären. Ha! welch ein Gottesdienst der Nacht! Und doch kein Gott? -- Bei jenen flammenden Altären Im Tempel der Natur! hier ist, hier waltet Gott!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]7. Es sei kein Gott: und tot sind diese Himmelsflammen Sung Text
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Es sei kein Gott: und tot sind diese Himmelsflammen; Sie haben hin durch ihre Macht geblitzt; Und Trümmer baun den wüsten Thron zusammen, Auf welchem einsam nur und stumm der Tod noch sitzt.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Sei dann mit Dunkelheit des Pilgers Pfad umschleiert! Natur und Tugend, hin zur Gottheit führen sie. Der Tugend öffnet sich das Reich der Harmonie; Gott ist das hohe Lied des Tempels, wo sie feiert, Und die Natur die Melodie!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]8. Hymnus an Gott
Es ist ein Gott! Der Tugend verbürgendes Leben Verkündet ihn; sie wäre nicht, wäre kein Gott. Ihr ist das Wort der innigsten Weihe gegeben; Sie spricht es aus: Es ist ein Gott! Sie zeuget laut, sie ruft es hinaus in die Ferne, Hinaus, in die, mit Welten umblühete, Flur. Es ist ein Gott! antworten die ewigen Sterne Durch das Gewölbe der Natur. Der stille Geist, der innerste, seligste Friede Vertraut dem Hain das hohe Geheimnis von Gott; Und leise spricht, im flötenden Nachtigallliede, Der Hain es nach: Es ist ein Gott! Der Erde Druck, die heiligen Übel des Lebens Erhöhn den Geist, erheben die Seele zu Gott. Die Tugend kämpft, und fordert den Sieg nicht vergebens; Sie triumphiert: Es ist ein Gott!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Zweiter Gesang (Gott)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]9. Sei groß, sei stolz, ein hoher Weltgebieter
Sei groß, sei stolz, ein hoher Weltgebieter, Und hell umleuchte dich des Glückes Sonnenlicht, Der Erdengüter Glanz: du hast nur Erdengüter; Glückseligkeit, die hast du nicht.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Dritter Gesang (Leben. Glückseligkeit. Wahrheit)
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- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2014, (re)printed on this website with kind permission
10. Glückseligkeit Sung Text
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Glückseligkeit grünt nicht am Halme Des Lebens auf im engen Thal der Zeit. Wenn ihren schönern Kranz die hohe Friedens-Palme In unsre Götterlauben streut: Auch dann wird sie noch unserm Herzen fehlen, Bei jedem neuen Feierkranz; Wir mögen tausend, tausend Kränze zählen; Doch nie besitzen wir sie ganz. Sie weilet nicht in stolzen Fürstenhallen, Sagt vom beglückten Bösewicht sich los; Nur eine Blume läßt ihr Ausflug niederfallen, Und diese fällt der Tugend in den Schoß.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Dritter Gesang (Leben. Glückseligkeit. Wahrheit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Die Wahrheit naht sich uns in Psyche's sanfter Trauer! Ein Gott hat diesen Traum in Himmelsduft getaucht, Und ihm, mit einem Geisterschauer, Den zarten Sinn des Lebens eingehaucht.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Dritter Gesang (Leben. Glückseligkeit. Wahrheit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]11. Psyche Sung Text
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Hell, mit Blüten überschleiert, Lauscht des Hains geweihte Nacht, Wo die Gottvermählte feiert; Aber eine Stimme wacht. Psyche schwebt durch Rosenzweige; Alles blüht in heiterm Licht. Stimme der Verführung, schweige! Aber ach! sie schweiget nicht. Psyche, trotz dem Warnungsrufe, Hört den Zauberton der Welt, Neigt sich von der Götterstufe Lüstern nieder, horcht - und fällt. Psyche fällt! ein dunkles Ahnen Zittert um die Büßerin, Wie das Graun erzürnter Manen, Durch die sanften Rosen hin. Schatten sind's, die sie umgeben. Wie ein holdes Traumgesicht, Schwand der Gott aus ihrem Leben, Nur aus ihrem Herzen nicht. Blühte das Gesträuch nicht röter, Das in Kronen sich ergoß, Als der reine Himmelsäther, Noch um Psyches Wange floß? Ach! die Schuld im Busen schattet Tief herauf in ihren Blick; Seufzer flehn, von Gram ermattet, Den verlornen Gott zurück. Alles stumm, wo Psyche wallet; Nur ein leis' entwehtes Ach, Das den Hain durchgirrte, hallet Ihr die Felsentochter nach. Auch den Gott, der alle Ketten Des gedrückten Lebens bricht, Ruft sie an, sie zu erretten; Doch der Gott erhört sie nicht. Seine finstern Schrecken zeigend, Naht der stille Genius, Und versagt ihr, ernst und schweigend, Den erflehten Friedenskuß. Endlich ist es ihr gelungen, Abzubüßen ihre That; Endlich hat sie ausgerungen; Die Erlösungsstunde naht. Hohes, himmlisches Erbarmen Geht ihr auf, wie Sonnenblick; Psyche kehret zu den Armen, Denen sie entsank, zurück. Lichte Kronen in den Händen, Nahn die Götter sich, und weihn, Psyches Gottheit zu vollenden, Sie zur Braut des Himmels ein.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Dritter Gesang (Leben. Glückseligkeit. Wahrheit)
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Researcher for this page: Ferdinando AlbeggianiDa, sieh das Zweigestirn, schön die beiden Sterne dort zusammen Am Himmel auf und untergehn, Und ewig sich einander hold umflammen! O, laß uns dort Bedeutung sehn! Es geht der große Geist der Liebe Durch seine Schöpfung, die er trägt und hält; Und schlingt das süße Band der holden Wechseltriebe Hier um ein Herz, und dort um eine Welt.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Sei hoch beseligt, oder leide; Das Herz bedarf ein zweites Herz, Geteilte Freud' ist doppelt Freude, Geteilter Schmerz ist halber Schmerz.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Lieb' und Freundschaft wandeln unter guten, Frommen Menschen tröstend auf und ab; Treten weinend an ein Blumengrab, Wo die Brust versank, an der sie ruhten. Zu der Lichtwelt seufzen sie hinauf: "Deine Himmel haben wir verkündet; Darum nimm uns, wenn hier alles schwindet, Hehre Lichtflur, nimm uns rettend auf!" Unter trauernden Erinnerungen Liegt verschattet unser stiller Pfad. O, vergüte, was die Zeit verschlungen, Und das Schicksal grausam niedertrat! Unsre Herzen sind voll Totenmale, Wie der Rasen im Cypressenthale. Zwischen Gräbern seufzen wir hinaus: "Hehre Lichtflur, nimm uns rettend auf!"
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]12. Die Blume neigt ihr Haupt Sung Text
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Die Blume neigt ihr Haupt zur mütterlichen Erde; sie fragt nicht, ob ein Morgenrot zu irgendeinem Lenz sie wieder wecken werde. Der Mensch nur fühlet seinen Tod.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Ferdinando AlbeggianiWas irdisch ist, gehört der Erde;
Das Heilige gehört dem Himmel an. -
Sein werd' ich, weil ich bin. Triumphgesang, erschalle!
Erschalle weit in die Unendlichkeit hinein,
Daß von den Sonnen laut mein Jubel wiederhalle!
... ! ich bin; und darum werd' ich sein!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]13. Unsterblichkeit
Unsterblichkeit, auf höhern Schwingen Erflieget der Geist dein lichteres Reich. Und hinter ihm, wo die Gestalten ringen, Verrauschet der Sturm am dürren Gesträuch. Ihr, vom Naturgesetz gehalten, Ihr Sonnen, durchstrahlt den ewigen Raum; Mein Geist fliegt auf von den Naturgewalten, Und leuchtender strahlt sein ahnender Traum. Es ist von ihm hinweggesunken Der irdische Druck; das Göttliche nur, Den heiligen, den reinen Ätherfunken Entwinket ein Gott dem Schoß der Natur!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Vierter Gesang (Unsterblichkeit)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]14. Das Schicksal waltet im Naturgebiete Sung Text
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Das Schicksal waltet im Naturgebiete, Und die Natur geht schweigend ihren Pfad, Nährt hier ein Giftgewächs und eine Frevelthat, Bricht dort ein Engelherz und eine zarte Blüte.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Fünfter Gesang (Tugend)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Hoch steht der freie Geist, der kräftig sich ermannet, Und unerschüttert jedes Schicksals harrt; Verbannt ihn ein Tyrann, der Wüthende verbannet Nur sich aus eines Gottes Gegenwart.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Fünfter Gesang (Tugend)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Das ist die Kraft, vor welcher zitternd Die Heuchelei verhüllt ihr Opfer niederlegt; Das ist die Kraft, womit erschütternd Der hohe Mensch Tyrannen niederschlägt. O, neige dich, Tyrann! vor einem Geist, der stärker, Der mächtiger, als du, sein eignes Leben schafft! Dein Thron ist ein erhöhter Sitz im Kerker; Du hast Gewalt, die hohe Seele Kraft!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Fünfter Gesang (Tugend)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]Flamme Gottes ist die Weihung, Die um große Seelen schwebt, Und zur kühnen Selbstbefreiung Jede Kraft des Geistes hebt. Mag das wilde Schicksal walten: Die erhabne Seele ruht, Unter drängenden Gewalten, Fest auf ihrem Göttermut; Ringt sich auf vom Druck der Wolke, Den ihr Flügelschlag besiegt, Wenn auf dem betäubten Volke Zürnend das Gewitter liegt. Wer, in solcher Hoheit thronend, Kühn es wagt, sein Gott zu sein, Und, im eignen Himmel wohnend, Keinen Himmel anzuschrein: Den umfesseln Zaubergaben Eines reichen Zufalls nicht. O, der Freie trägt erhaben In der Brust das Weltgericht!
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Fünfter Gesang (Tugend)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]15. Den Kampf der Freiheit ehrt, müßt ihr die That auch tadeln! Sung Text
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Den Kampf der Freiheit ehrt, müßt ihr die That auch tadeln! Sagt, ob ihr ihn verdammen dürft, Ihn, der im Drang, sein Leben zu entadeln, Es rettend in den Arm des Todes wirft! Wir sind nicht, um zu sein; wir werden, um zu werden. Die Ströme rauschen fort; die Sonnen und die Erden, Sie gehn nach ewigen Gesetzen ihren Pfad. Kein Wollen dort - sie sind. Im Menschen lebt ein Wille; Er selbst ist sein Gesetz, ein Sohn der eignen Fülle; Er ist durch die Natur, und lebt durch seine That; Wir werden das, was wir zu werden lernten; Der Mensch ist seine Frucht aus seiner eignen Saat; Was Menschen säen, werden Götter ernten: Gott spricht durch seine Welt, der Mensch durch seine That.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Sechster Gesang (Freiheit. Wiedersehn)
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Researcher for this page: Ferdinando AlbeggianiMit dem Hochgefühl des Sehnens, Das zu Götterthaten weiht, Flieht der hehre Sohn Alkmenens In den Schoß der Einsamkeit. Tief im Herzen warme Schläge, Fühlt er, was er soll und will; Und an einem Scheidewege Steht er, sinnend, plötzlich still. Dunkler jetzt, und wieder heller Schwebt ihm fern die Zukunft vor. Ahnungsvoll, und schnell und schneller Wallt ihm hoch das Herz empor. Wird ein Wunder sich entfalten? Ist ihm eine Gottheit nah? Zwei erscheinende Gestalten Stehn vor seinem Blicke da. Eine der Gestalten leuchtet, Wie der frische Blumenring, Der, vom ersten Tau befeuchtet, Um die junge Tellus hing. "Siehe!" sprach sie, "was die Erde Süßes hat, ich weih' es dir, Sohn des Himmels; aber werde Mein Getreuer, folge mir!" - Zauber sprühn aus ihren Blicken; Und ein weicher Schlummerduft Trägt ein taumelndes Entzücken Um sie her im Hauch der Lust. Halb dem Zauber hingegeben, Hat der Jüngling kaum Gewalt Seine Blicke zu erheben Zu der stillern Huldgestalt. Ruhig naht sie, wie der Friede: Steht sie da. - Von Schaam bedeckt,, Fühlt sich zitternd der Alcide Von der Tugend angeschreckt. - "Keine Freuden goldner Tage," Spricht sie, "kann ich dir verleihn. Rette, kämpfe, dulde, trage! Deiner würdig, bist du mein. Siegen ziemt dem Göttersohne; Sich besiegen aber weiht Ihm die höchste Strahlenkrone Himmlischer Unsterblichkeit." - Und der Jüngling - schöner blühend Stand er da vor der Natur, Als er heilig sich und glühend In die Hand der Tugend schwur. Seine eigne Flamme dämpfend, Willig Schwächern unterthan, Geht der starke Sieger kämpfend Seine große Heldenbahn. Ungeheuer kämpft er nieder; Aber seinem Frieden droht Eine fürchterlichre Hyder, Als in Lernas Sumpf, der Tod. Ach, daß ihn die Tugend warne! Weh! der freie Sieger fällt Überwunden in die Garne, Die der Reiz der Lust ihm stellt. Friede noch; allein Jole Tritt ihm in den Heldenlauf, Und er opfert dem Idole Seine ganze Hoheit auf. Wie ein Blitz aus heitrer Bläue, Stürzt herein das Mißgeschick Grause That und Schmach und Reue Hängen an Jolens Blick. Sieh! er reißt sie, ohn' Erbarmen, Mit Verrat und Meuchelmord, Aus des grauen Vaters Armen, Aus des Bruders Armen fort! Plötzlich fällt die Eumenide Des Gewissens ihm ans Herz; Und der süße Lebensfriede Wandelt sich in wilden Schmerz. Schrecklich rafft er ihn zusammen, Seines Geistes letzten Schwung; Auf dem Öta in den Flammen Büßt er die Entgötterung. Und der Gott erringet wieder, Was der Erdensohn verlor; Die Verschattung sinkt darnieder, Die Verklärung strahlt empor. Schon der letzte Seufzer dringet Aus der Sterblichkeit herauf, Und die freie Seele schwinget Sich ins Reich der Tugend auf.
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- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), appears in Urania, in Sechster Gesang (Freiheit. Wiedersehn)
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Researcher for this page: Sharon Krebs [Guest Editor]16. Unsterblichkeit! Gedanke, der du Leben
Unsterblichkeit! Gedanke, der du Leben Und Licht ins Dasein strahlst, und über Zweifel siegst! Wie hoch kannst du den Menschen heben, Wenn du den Menschen überfliegst! Unsterblichkeit! dir bringe dann die Blume Des Lebens ihren Purpur dar. Du weihest, am Naturaltar, Es ein zu seinem Göttertume.
Text Authorship:
- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Sechster Gesang (Freiheit. Wiedersehn)
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]17. Wenn Graun der Nacht
Wenn Graun der Nacht an meinem Pfade lauscht: Dann leuchte du herab aus deines Lichtes Fülle! Erhebe mich, wenn laut das Leben mich umrauscht, Zur Ruhe deiner Geisterstille! Geheim entlaubt die dunkle Hand den Wald; Und Schweigen ruht um längst versunkne Trümmer; Du trittst hervor in deinem leisen Schimmer, Wie eine rettende Gestalt. Du winkst, wenn mir die letzte Thrän' entfließet, Mich zur Vergötterung hinauf. Ein Mensch, ein müder Pilger schließet, Ein Gott beginnet seinen Lauf!
Text Authorship:
- by Christoph August Tiedge (1752 - 1841), no title, appears in Urania, in Sechster Gesang (Freiheit. Wiedersehn)
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Researcher for this page: Ferdinando Albeggiani