by Marianne von Willemer (1784 - 1860)
Zu Heidelberg See original
Language: German (Deutsch)
Euch grüß ich, weite lichtumflossne Räume, Dich, alten reich bekränzten Fürstenbau. Euch grüß ich hohe, dicht umlaubte Bäume Und über euch des Himmels tiefes Blau. Wohin den Blick das Auge forschend wendet In diesem blütenreichen Wunderraum, Wird mir ein leiser Liebesgruß gesendet; O freudvoll, leidvoll schöner Morgentraum! An der Terrasse hochgewölbtem Bogen War eine Zeit sein Kommen und sein Gehn, Die Chiffer, von der lieben Hand gezogen, ich fand sie nicht, sie ist nicht mehr zu seh'n. Doch jenes Baums Blatt, der aus fernem Osten Dem westöstlichen Garten anvertraut, Gibt mir geheimer Deutung Sinn zu kosten, Ein Selam, der die Liebenden erbaut. Durch jenen Bogen trat der kalte Norden, bedrohlich unser'm feindlichen Geschick. Die rauhe Nähe kriegerischer Horden betrog uns um den flücht'gen Augenblick. Dem kühlen Bronnen, wo die klare Quelle Um grün bekränzte Marmorstufen rauscht, Entquillt nicht leiser, rascher Well auf Welle, Als Blick um Blick und Wort um Wort sich tauscht. O schließt euch nun, ihr müden Augenlieder! Im Dämmerlicht der fernen, schönen Zeit Umtönen mich des Freundes hohe Lieder; Zur Gegenwart wird die Vergangenheit. Aus Sonnenstrahlen webt, ihr Abendlüfte Ein gold'nes Netz um diesen Zauberort, Berauscht mich, nehmt mich hin, ihr Blumendüfte, Gebannt in euren Kreis, wer möchte fort? Schließt euch um mich, ihr unsichtbaren Schranken; Im Zauberkreis, der magisch mich umgibt, Versenkt euch willig, Sinne und Gedanken; Hier war ich glücklich, liebend und geliebt.
Composition:
- Set to music by Mathilde von Kralik (1857 - 1944), "Zu Heidelberg", 1927 [ voice and piano ]
Text Authorship:
- by Marianne von Willemer (1784 - 1860), "Zu Heidelberg"
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2024-10-26
Line count: 36
Word count: 236