by Franz (Seraphicus) Grillparzer (1791 - 1872)
Des Kindes Scheiden See original
Language: German (Deutsch)
Über des Bettes Haupt flog säuselnden Fluges ein Engel, Und des Unsterblichen Blick fiel auf das schlafende Kind. Wie sein eigenes Bild im Spiegel silberner Wellen Lächelt freundlich und hold ihn an die süße Gestalt. Leise sinkt er herab, sich freuend der lieblichen Täuschung, Und tritt luftigen Schritts neben das Schlafende hin. Ach! es schlummert so süß, und Unschuld und himmlischer Friede Säuseln im Athem des Munds, ruh’n auf der silbernen Stirn, Kräuseln zum Heiligenschein des Hauptes goldene Locken, Ruh’n, wie ein Lilienzweig, in der gefalteten Hand. Freundlich lächelt der Engel; doch bald umwölkt sich sein Antlitz, Trüb, mit brütendem Ernst, wendet er seufzend sich ab. Er überschaut im Geist den Sturm der kommenden Tage, Dem die Eiche nur steht, welcher die Blume zerknickt; Rauschen hört er des Unglücks seelenmordende Pfeile, Wider die Unschuld und Recht nur ein gebrechlicher Schild; Thränend sieht er das Aug’, das weich die Wimper bedeckt, Und zerschlagen die Brust, die jetzt atmend sich hebt. Banges Mitleid erfaßt die Seele des himmlischen Boten, Fragend blickt er empor, und – der Allmächtige nickt. Da umfängt er den Nacken, und küßt die zuckender Lippen; Spricht: „Sei Glucklich, o Kind!” – und – die Kleine war todt.
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Composition:
- Set to music by Felix Paul Weingartner (1863 - 1942), "Des Kindes Scheiden", op. 36 (4 Gesänge) no. 3 (1901-1903), published 1904 [ soprano and orchestra ], Leipzig: Breitkopf und Härtel
Text Authorship:
- by Franz (Seraphicus) Grillparzer (1791 - 1872), "Des Kindes Scheiden"
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English [singable] (William Wallace) , "The Angel and the Child"
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