Als ich die Langersehnte fand, Mein Herz sich an das ihre band, Und, durch geheimen Zauberzug, Ihr Busen mir entgegenschlug: Da war ich froh in meinem Sinn! Da tanzte Tag auf Tag mir hin, Wie Bächlein hell im Sonnenschein, So lauter und so silberrein! Da lachte Freud und süße Ruh Mir stets ihr blaues Auge zu, Die ganze Welt vor mir vergieng, Wenn mich ihr Schwanenarm umfieng! Da war mir jede Stunde süß, Mein Lebenspfad ein Paradies: Denn alle Erdenseligkeit Lag, sonder Maas, drauf ausgestreut. Wenn ich an ihrem Busen lag, Wiegt' ihres Herzens leiser Schlag Mich sanft zu Himmelsträumen ein; Und mir schlug dieses Herz allein! Wenn uns im Laubdach, kühl und grün, Der liebe, volle Mond beschien, Sang Hain und Flur mir Sphärensang Und jede Seelensait' erklang. Bald wallten wir durch Blumenaun, Des Frühlings Zauberpracht zu schaun: Doch blikt' ich ihr ins Angesicht, Sah ich die Lenzgefilde nicht! Bald ruhten wir auf Quellenmoos, Wenn sanft der Abend niederfloß, Da drükte heiß sich Mund an Mund, Zu festen unsren Liebesbund! Wie Maienregen niederfleußt, Auf Blütenbäume sich ergeußt: Floß jeder Flammenkuß von ihr Erlabend in die Seele mir. Wir lebten Himmelswohnern gleich, Wie sie an tausend Freuden reich, Es wogt' und rauscht' ein Wonnemeer, Nicht abzusehn, rings um uns her! Genug der Freuden, o mein Lied, Die einst mir Glüklichem geblüht! Hinab! Hinab! zum Trauerton, Die Freuden alle sind entflohn! Sie gab, in leichtem Flattersinn, Ihr Herz an einen andern hin! Zerriß das goldne Himmelsband, Das Lieb' um unsre Seelen wand! Das troknete, mit rascher Wuth, Wie wilde Hundstagssonnenglut, Die Quelle meiner Freuden leer, Von Stund' an floß kein Tröpfchen mehr! Die Sonne steigt, die Sonne sinkt, Des Mondes Wechselscheibe blinkt, Des Himmels Blau durchwebt mit Glanz Der Sterne goldner Reihentanz; Doch es durchströmt der Sonne Licht Des Mondes lächelndes Gesicht, Der Sterne Reigen, still und hehr, Mit Hochgefühl dies Herz nicht mehr! Die Wiese blüht, der Büsche Grün, Ertönt von Frühlingsmelodien, Es wallt der Bach im Abendstral Hinab ins Hainumkränzte Thal; Doch es erhebt der Haine Lied, Die Au, die tausendfarbig blüht, Der Erlenbach im Abendlicht Wie vormals meine Seele nicht! Es schleicht, bei wintertrübem Sinn, Mein Leben langsamtraurig hin, Ich irr' in düstrer Mitternacht, Von keinem Sternlein angelacht. Mein armes, tiefgequältes Herz Durchwütet Angst, durchwütet Schmerz; Verhaßter Sorgen Natternbrut Nährt grausam sich von meinem Blut! Die Pein, die meinen Busen engt, Mich wild bald hie bald dorthin drängt, Mir rastlos in die Seele stürmt, Mit Wolken stets mein Haupt umthürmt: Hat meine Wangen abgebleicht, Hinweg die innre Ruh gescheucht, Zernagt mich, wie der Morgen graut, Bis wenn der kühle Abend thaut! Ha! wenn mich jezt die Falsche säh', In all dem Ach! in all dem Weh! Von Höllenleiden, sonder Zahl, Umstrikt zu Folterpein und Quaal: Vielleicht daß ihr ein Thränlein denn Vom blauen Auge niederrän', Ihr Herz, von Reu und Buße schwer, Nun wieder ganz das meine wär'!
Confirmed with Lieder von Friedrich Matthisson. Vermehrte Auflage. Dessau, 1783, pages 24-28; and with Friedrich Matthissons Gedichte herausgegeben von Gottfried Bölsing. Band I. Die Gedichte von 1776-1794. Nebst einem Anhang. Gedruckt für den litterarischen Verein in Stuttgart, Tübingen 1912, pages 25-28.
First published in Der Teutsche Merkur. Vom Jahr 1779. No. 5. May. In Weimar, pages 114-116, and then in Lieder von Friedrich Matthisson, Breslau 1781, pages 13 ff., with the title Liebespein and without stanzas 14-17. These four stanzas, augmented with a new fifth one, constitute Matthisson's poem Klage, published 1811; see below.
Authorship:
- by Friedrich von Matthisson (1761 - 1831), title 1: "Liebespein", title 2: "Die Geliebte", written 1778, first published 1779 [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
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