by Andreas Gryphius, né Greif (1616 - 1664)
Von der Vergänglichkeit
Language: German (Deutsch)
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein; wo jetzund Städte stehn, wird eine Wüste sein, auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden; was jetzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden, was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein; nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. Die Herrlichkeit der Erden muß Rauch und Asche werden; kein Fels, kein Erz kann stehn. Das, was uns kann ergötzen, was wir am höchsten schätzen, wird als ein leichter Traum vergehn. Es hilft kein weises Wissen, wir werden hingerissen ohn einen Unterscheid. Was nützt der Schlösser Menge? Dem hier die Welt zu enge, dem wird ein enges Grab zu weit. Wie eine Rose blühet, wenn man die Sonne siehet begrüßen diese Welt, die, eh der Tag sich neiget, eh sich der Abend zeiget, verwelkt und unversehns abfällt: so wachsen wir auf Erden und hoffen groß zu werden und schmerz- und sorgenfrei; doch eh wir zugenommen und recht zur Blüte kommen, reißt uns des Todes Sturm entzwei. Auf Herz! Wach und bedenke, daß dieser Zeit Geschenke den Augenblick nur dein! Was du zuvor genossen, ist als ein Strom verschossen. Was künftig,- wessen wird es sein? Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen; mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen; der Augenblick ist mein, und nehm ich den in acht, so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.
Text Authorship:
- by Andreas Gryphius, né Greif (1616 - 1664) [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Hans Gál (1890 - 1987), "Von der Vergänglichkeit", op. 50 no. 1 (1936-7), published 1948, first performed 1948 [SATB quartet, SATB chorus, and orchestra], from De Profundis, no. 1, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden [ sung text verified 1 time]
Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2010-02-04
Line count: 41
Word count: 244