by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)
Diese Federn, weiß' und schwarze
Language: German (Deutsch)
Diese Federn, weiß' und schwarze, Die ihr auf den Häuptern traget, Holde Herzensköniginnen, Eure Schönheit mehren sie. Ihr erscheinet unsern Augen So viel aufgeputzte Lerchen, So viel Pfauen, die stolzirend Auf der Wies' in Freiheit gehn. Prächtig war's am Carnevale, In der Oper euch zu sehen, Wie erhabne Sultaninnen, Wie des Moguls Herrscherin. Nur wer in den hintern Bänken Nichts vom Schauspiel sehen konnte, Zog die unbescheidnen Federn Sotto voce weidlich durch. Diese schöne fremde Sitte Kam aus England nicht herüber, Nicht aus Frankreich, nicht aus Spanien, Nicht aus Persien noch Catay. Unter unsre Römerinnen, Schnell sich vom Olympus stürzend, Brachte sie der Götterbote, Der geflügelte Mercur. Er erzählte, daß da droben Jede Göttin ihre Locken Hoch und breit mit Federn zieret, Wenn sie sich verschönern will. Daß Minerva, die bescheidne, Jungferlich und blau von Augen, Diese Mode mitzumachen Ihren armen Kauz gerupft. Daß der Liebe schöne Mutter Selbst ihr Taubenpaar entfiedert, Ja die Federn von dem Helme Ihrem Kriegesgott entwandt. Und daß sich die hohe, stolze Juno, Jupiters Gemahlin, Von dem Schweife ihres Pfauen Einen Federbusch gemacht. Billig reizt euch das Verlangen, Holde Töchter unsrer Tiber, Mit den Federn in den Locken Götterfrauen gleich zu sein. Aber hinter jener Ulme Seh' ich einen Satyr lauschen, Der euch in's Gesichte lachend Unterm Ziegenbarte knurrt, Und euch zuruft: "Liebe Damen! Diese Federn, die ihr traget, Fliegen freilich; doch ihr flieget Mit dem Hirnchen weiter um. Sind nicht bunte Pfauenfedern, Nicht die Federn weißer Tauben, Sind die Federn der Verehrer, Die ihr jeden Tag berupft." Unverschämter Satyr, schließe Deine tückisch bittre Lippe! Unsre schönen Römerinnen Sind so tugendreich als schön. Jetzt noch wallt in ihrem Busen Der Lucretia alt Geblüte, Und ihr Herz und ihre Seele Sind voll Zärtlichkeit und Treu'.
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Text Authorship:
- by Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), "Mode-Römerinnen" [author's text not yet checked against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Johann Friedrich Reichardt (1752 - 1814), "Der Federschmuck", published 1796 [sung text not yet checked]
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- Also set in Italian (Italiano), a translation by Anonymous/Unidentified Artist ; composed by Corona Elisabeth Wilhelmine Schröter.
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]
This text was added to the website: 2007-11-21
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