by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)
Menschen bei Nacht
Language: German (Deutsch)
Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht. Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht, und du sollst ihn nicht suchen trotzdem. Und machst du nachts deine Stube licht, um Menschen zu schauen ins Angesicht, so mußt du bedenken : wem. Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt, das von ihren Gesichtern träuft, und haben sie nachts sich zusammengesellt, so schaust du eine wankende Welt durcheinandergehäuft. Aufihren Stirnen hat gelber Schein alle Gedanken verdrängt, in ihren Blicken flackert der Wein, an ihren Händen hängt die schwere Gebärde, mit der sie sich bei ihren Gesprächen verstehn ; und dabei sagen sie : Ich und Ich und meinen: Irgendwen.
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Sämtliche Werke; Band 1, Insel-Verlag, 1926, p.392
Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Menschen bei Nacht", appears in Das Buch der Bilder [author's text checked 1 time against a primary source]
Musical settings (art songs, Lieder, mélodies, (etc.), choral pieces, and other vocal works set to this text), listed by composer (not necessarily exhaustive):
- by Bernard Foccroulle (b. 1953), "Menschen bei Nacht", 2007 [ chorus ], from Am Rande der Nacht I, no. 3 [sung text not yet checked]
- by Alex Nohai-Seaman , "Menschen bei Nacht", 2004 [ soprano, flute, violin, violoncello, guitar, and piano ], from Rilke Songs, no. 3 [sung text not yet checked]
Researcher for this page: Joost van der Linden [Guest Editor]
This text was added to the website: 2023-08-18
Line count: 19
Word count: 107