"O wehe, Heinz von Lüder, wie ist um dich mir leid! Du hast die Stadt verteidigt so tapfer lange Zeit! Nun soll, bei Kaisers Bann, sich selbst zu retten, dich, seinen treu'sten Mann, der Landgraf hängen in Ketten! O Ziegenhain, unselige Stadt, wo echte Treu solch Ende hat!" Des Kaisers Abgesandter ruft: "Hier hängt ihn an das Tor!" Da führt der Landgraf selber den edlen Helden vor: "Wohlan, aus Kaisers Bann mich selbst zu retten, will ich den treu'sten Mann nun hängen hier in Ketten. Doch weil er mir treu war und hold, nehm' ich die Ketten von lautrem Gold!" Des Kaisers Abgesandter wend't nichts dagegen ein, der Landgraf schlingt um Lüder nun Kett' und Edelstein, hängt ihn nur wenig an mit solchen Ketten, und spricht: "Aus Kaisers Bann, genüg' es, mich zu retten!" und löset ihn ohn' allen Schmerz: "Komm, treuer Lüder, an mein Herz!" Des Kaisers Abgesandter meint: "Das genüget nicht!" Der Landgraf aber, Tränen und Zorn im Auge, spricht: "Wollt Ihr des Kaisers Wort anders auslegen, so meidet diesen Ort! Ihr seid allzu verwegen! Der Kaiser prüft mich, seinen Mann, ob echte Treu ich ehren kann!"
3 Balladen , opus 125
by Carl Loewe (1796 - 1869)
1. Landgraf Philipp der Grossmütige
Language: German (Deutsch)
2. Das Vaterland
Language: German (Deutsch)
Fahr hin, fahr hin für alle Zeiten, Falsches Vaterland! Und für immer sei zerrissen, Was mich an dich band! Also rief, im raschen Zürnen, Eines Jünglings Mund, Grünen Stab in kraft'gen Händen, Zog er fort zur Stund. Zog hinaus viel hundert Meilen Über Berg und über Tal. Schmucke Höhen, bunte Triften Fand er allzumal. Volle Becher, süße Blicke, Manchen Druck der Hand, Aber ach, es war doch immer Nicht sein Vaterland. Und so zog er immer weiter, Weilte hier und dort, Aber immer trieb es wieder Ihn aufs Neue fort. Jahre schwanden, bleich geworden War sein braunes Haar, Was die Heimat ihm ersetzet, Ist auf Erden nicht! Und er kann den Ort nicht finden Unterm Sonnenlicht, Was die Heimat ihm ersetzet, Ist auf Erden nicht! Und den Stab nun lenket wieder Gramgebeugt der Greis, nach der Heimat, der verschmähten, Lenket er die Reis'. Eine Hoffnung, ach, geleitet Ihn nur noch zur Stund, Dort das müde Haupt zu legen In der Väter Grab. Und mit Schluchzen sinkt er nieder An dem teuren Ort! Vaterland, es ist dein Name, Doch kein leeres Wort!
3. Der alte Schiffsherr
Language: German (Deutsch)
Ist der alte Schiffsherr endlich heimgekehrt von letzter Fahrt, will nun scheiden, will die See für immer meiden, leben nach des Landmanns Art. Und es steht auf schönen Fluren ihm ein blankes Haus gar bald, Obst und Trauben reifen ihm in duft'gen Lauben und zur Lust ruft Feld und Wald. So in einem ird'schen Eden weilt er nun van Lust erfüllt, ohn' Ermatten, froh geschäftig und kein Schaffen hat ihm noch die Stirn' umhüllt. Sieh, da schwingen weisse Möven ihre Flügel über seines Giebels Saum. Ihre Flügel, meerwärts über Berg und Hügel, segeln durch der Lüfte Raum. Fast erschrocken schaut sein Auge ihnen nach auf wirrem Flug. Da gesellet auch sein Herz, das wonnig schwellet, unvermerkt sich zu dem Zug. Und vor seinem Innern tauchet plötzlich wieder auf das Meer, ach! die Wellen sieht er wieder schäumen, schwellen, endlos, goldbesäumt und hehr! Sieht die weissen Segel wieder Schwänen gleich, die See entlang, bunte Flaggen lustig durch die Lüfte ragen, hört der Schiffer frohen Sang! Und wie Heimweh fasst's den Alten, nicht erträgt er solchen Drang.- Feld und Garten mag er nun nicht länger warten, und im Hause wird ihm bang. Bald am Meere steht er wieder, breitet weit die Arme aus: Seid, ihr Fluten, mir gegrüsse mit Liebesgluten, nur bei euch bin ich zu Haus! Und ein Schiff besteigt er schnelle, das soeben stösst vom Strand, selig, heiter zieht er mit den Schiffern weiter, und mag nimmer heim an's Land!