Ein armes Grillchen saß Versteckt im hohen Gras Auf einem bunten Hügel. Hier sah das kleine Ding Den schönsten Schmetterling, Mit ausgespanntem Flügel, Im Pomp vorüberziehn. Ein lichter Farbenspiegel Von Gold, Ultramarin Und Silber und Carmin War sein Gewand; das Futter Glich reiner Perlenmutter. Der eitle Stutzer wog Sich in der Luft und flog Von Rosen auf Narcissen Und Lilien, und sog Mit wonnetrunknen Küssen Den Balsamnektar ein. Ach! rief das Grillchen, müßen Die Hetren denn allein Auf Erden glücklich seyn? Was immer reitzt und blendet, Das hat schon die Natur Dem Gecken da verschwendet. Und ich? man sehe nur Die traurige Figur, Die ich zu Markte trage. Auch war auf unsrer Flur Von mir noch keine Frage; Kaum blickt man auf mich hin. O lieber gar begraben, Als das seyn, was ich bin. So sprach die Siedlerin, Als eine Rotte Knaben Den Bühl heruntergieng. Sie sah'n den Schmetterling Auf einer Tulpe naschen. Husch, lief der ganze Troß, Den Harlekin zu haschen. Hut, Schnupftuch, Mütze, schoß Auf ihn von jeder Seite, Und ach! der arme Tropf Ward fliehend ihre Beute. Hans fasset ihn am Schopf, Fritz packt ihn bey den Füßen, Am Fittig zerrt ihn Klaus Und kurz er wird zerrissen. Das Grillchen sah den Straus Von einer Wiesenblume; Ach! rief es schaudernd aus: Wenn man beym eiteln Ruhme Zu glänzen so viel wagt, So hat mein Eigendünkel Mit Unrecht sich beklagt. Wie lieb wird nun mein Winkel Mir seyn! Wer sich erhebt, Muß stets in Sorgen schweben; Nur der kann glücklich leben, Der im Verborgnen lebt.
Fabeln für 1 Singstimme mit Pianoforte
by Victor Hollaender (1866 - 1940)
1. Die Grille und der Schmetterling  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Gottlieb Konrad Pfeffel (1736 - 1809), "Das Grillchen und der Schmetterling ", appears in Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, first published 1877
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Confirmed with Poetische Versuche von Gottlieb Conrad Pfeffel, Fünfter Theil, Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, 1803, pages 68-70.
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2. Der Bär und die Bienen  [sung text not yet checked]
Der Bär schlich einst dem [Honig]1 nach, Als ihn am Bienenstock ein Bienchen stach. Drob brüllte Meister Braun: "Ich räche mich, auf Ehre, Gebt Acht, ihr Zwergenvolk, daß ich euch Mores lehre. Ihr wagt es, winzig Pack, den Bären zu beleid'gen, Um eure Honigkammern zu vertheid'gen, Mich, den oft selbst der Löwe fürchten muß?" Und endlich kam Herr Petz zu dem Beschluß, Zwar seiner Rache sein die Bienen viel zu klein, Doch wär's Verdienst, die Welt von ihnen zu befrein. So rannte der Koloß denn zu den Bienenstöcken Und warf sie alle um, süß war das Honiglecken. Zu Anfang flieht verstört der flücht'ge Bienenschwarm, Dann aber summt ein Bienenheld Allarm, Summ, summ, sie sammeln sich und wuthvereint So stürmt die gelbe Schaar auf ihren braunen Feind, In Augen, Nase, Ohren, ja den Mund Da sticht ihr Stacheldolch den Bären wund, Der schäumt und rast, mit wüthendem Gebrüll Erfüllt die Gegend er, doch endlich wird er still. Erschöpft und machtlos gegen Bienenzorn Vor Schmerz halb rasend, schleppt er sich zum Born, Der nahebei dort quillt: es löscht die Fluth Der Stiche Glut und spült ihm ab das Blut, Derweil die Bienen ihren Rückzug nehmen. Wie mußt sich der Bär jetzt seiner schämen! Weil er den kleinen Stich just wollte rächen, Ward ihm beschieden tausendfaches Stechen Die kleinen Stiche Freund, des Schicksals und der Welt Ertrag' geduldig, wenn's auch nimmer Dir gefällt. Durch blinde Raserei der plumpen Rache Machst Du nur immer schlimmer Deine Sache.
Text Authorship:
- sometimes misattributed to Gottlieb Konrad Pfeffel (1736 - 1809)
- by Franz Hirsch (1844 - 1920), "Der Bär und die Bienen", appears in Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, first published 1877
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View original text (without footnotes)Confirmed with Der neue Aesop, Leipzig: A. H. Payne, 1877, page 20 - 23. The author of the poem is identified as "F. H." (Franz Hirsch).
1 Hollaender: "süssen Honig"Researcher for this page: Melanie Trumbull
3. Das unvorsichtige Kanarienvöglein
Kanarienvöglein singt im Bauer
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4. Die Wölfe und der Esel  [sung text not yet checked]
Ein alter Esel -- [deren giebt's ja immer] 1 -- War sterbenskrank, und in der Nachbarschaft Ward's schnell bekannt; ein froher Hoffnungsschimmer Giebt allen Wolfesmagen neuer Kraft. Ein Heer der Hungrigen macht schnell sich auf, Zieht vor die Hütte des Todtkranken Und mit den schönsten Eselsschmausgedanken. So wartet Isegrimm's Familie d'rauf, Daß sie bald feire Langohrs Leichenschmaus. Da hört man plötzlich ein J-a, J-a; Ein Eselskopf erscheint und fröhlich wiehernd Guckt Langohr, den man todt bald glaubt, heraus: "Schön guten Morgen und ich bin noch da, Ich lebe noch und seh' recht wohl auch aus." Fort trabt das Wolfsvolk heulend, hungernd, frieernd. Und die Moral? -- Die klagen gier'ge Erben: "Nie will der alte Esel sterben."
Text Authorship:
- by Franz Hirsch (1844 - 1920), "Die Wölfe und der kranke Esel", appears in Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, first published 1877
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View original text (without footnotes)Confirmed with Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, ed. by Gottlieb Konrad Pfeffel, Leipzig: A. H. Payne, 1877, page 4. The author of the poem is identified as "F. H."
1 Hollaender: "wie es viele giebt"; further changes may exist not shown above.Researcher for this page: Melanie Trumbull
5. Der Löwe und die Maus  [sung text not yet checked]
Ein [Löwe, dem die Sommerglut zu warm, Legt sich zur Ruhe unter einen Baum.]1 Schon schnarchte er im schönsten Traum, Als ein muthwill'ger Mäuseschwarm Polka und Walzer tanzt auf seinem Rücken, Aufwacht der Löwe und mit grimm'gen Blicken Hascht er, derweil die Andern schnell entfliehn, Ein Mäuslein, das mit heft'gem Beben Demüthig flehet um sein Leben. Da kommt die Großmuth über ihn Und er läßt den Gefangnen laufen, Der sich davon macht, ohne viel Verschnaufen. Nicht lang' nachher wird unser Löwenheld, Als er ein Wild verfolgt, selbst eingefangen. Es war im Wald ein Jagdnetz aufgestellt Und er blieb im Gewebe hangen. Vergebens rüttelt, zerrt er an den tück'schen Netzen; Es naht kein Bundsgenoß, ihn zu entsetzen. Laut brüllt der Thiere König, wild ergrimmt. Bis eine kleine Maus das Angstgeschrei vernimmt; Sie war's, der einst des Löwen Huld verzieh, Nun ist dem Mächtigen die Retterin nur sie. "Ich preis'," so wispert sie, "daß das Geschick es lenkte, Daß ich Dem nützen kann, der mir mein Leben schenkte." Sie nagt mit scharfem Zahn ihn aus dem Netz heraus; Frei ist der Löwe bald: er dankt's der kleinen Maus.
Text Authorship:
- sometimes misattributed to Gottlieb Konrad Pfeffel (1736 - 1809)
- by Franz Hirsch (1844 - 1920), appears in Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, first published 1877
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View original text (without footnotes)Confirmed with Der neue Aesop. Eine Sammlung Fabeln, ed. by Gottlieb Konrad Pfeffel, Leipzig: A. H. Payne, 1877, pages 38 - 39. The author of the poem is identified as "F. H." (Franz Hirsch).
1 Hollaender: "Löwe legt sich müde unter'n Baum" ; further changes may exist not shown above.Research team for this page: Bertram Kottmann , Melanie Trumbull
6. Der Fuchs und der Storch  [sung text not yet checked]
"Erzähle [mir]1 doch etwas von den fremden Ländern, die du alle gesehen hast," sagte der Fuchs zu dem weit gereisten Storche. Hierauf fing der Storch an, ihm jede Lache und jede feuchte Wiese zu nennen, wo er die schmackhaftesten Würmer und die fettesten Frösche geschmaust. "Sie sind lange in Paris gewesen, mein Herr. Wo speiset man da am besten? Was für Weine haben Sie da am meisten nach Ihrem Geschmacke gefunden?"
Text Authorship:
- by Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781), "Der Fuchs und der Storch", appears in Fabeln
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Gary Bachlund) , "The Fox and the Stork", copyright © 2008, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Gotthold Ephraim Lessing's Sämmtliche Schriften, achzehnter Band, Berlin: Vossischen Buchhandlung, 1827, pages 111 - 112. Appears in Fabeln.
1 Hollaender: "mir, Freund Storch"; further changes may exist not shown above.Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Melanie Trumbull