Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn, wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören, und ohne Füße kann ich zu dir gehn, und ohne Mund noch kann ich dich beschwören. Brich mir die Arme ab, ich fasse dich mit meinem Herzen wie mit einer Hand, halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen, und wirfst du in mein Hirn den Brand, so werd ich dich auf meinem Blute tragen.
Lieder an Gott nach Gedichten von Rainer Maria Rilke
by Robert Fürstenthal (1920 - 2016)
1. Lösch mir die Augen aus  [sung text not yet checked]
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Lösch mir die Augen aus", appears in Das Stundenbuch, in 2. Das Buch von der Pilgerschaft, no. 7
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]2. Wer seines Lebens  [sung text not yet checked]
Wer seines Lebens viele Widersinne versöhnt und dankbar in ein Sinnbild fasst, der drängt die Lärmenden aus dem Palast, wird anders festlich, und du bist der Gast, den er an sanften Abenden empfängt. Du bist der Zweite seiner Einsamkeit, die ruhige Mitte seinen Monologen; und jeder Kreis, um dich gezogen, spannt ihm den Zirkel aus der Zeit.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Wer seines Lebens viele Widersinne", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 17, first published 1905
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]3. Gott spricht zu jedem nur  [sung text not yet checked]
Gott spricht zu jedem nur eh er ihn macht, dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht. Aber die Worte, eh jeder beginnt, diese wolkigen Worte, sind: Von deinen Sinnen hinausgesandt geh bis an deiner Sehnsucht Rand; gieb mir Gewand. Hinter den Dingen wachse als Brand, dass ihre Schatten, ausgespannt, immer mich ganz bedecken. Lass dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken. Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste. Lass dich von mir nicht trennen. Nah ist das Land, das sie das Leben nennen. Du wirst es erkennen an seinem Ernste. Gieb mir die Hand.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), no title, written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 59
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Researcher for this text: Emily Ezust [Administrator]4. Was wirst du tun, Gott?  [sung text not yet checked]
Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe? Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?) Ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?) Bin dein Gewand und dein Gewerbe mit mir verlierst du deinen Sinn. Nach mir hast du kein Haus, darin dich Worte, nah und warm, begrüssen. Es fällt von deinen müden Füssen die Samtsandale, die ich bin. Dein großer Mantel läßt dich los. Dein Blick, den ich mit meiner Wange warm, wie mit einem Pfühl, empfange, wird kommen, wird mich suchen, lange -- und legt beim Sonnenuntergange sich fremden Steinen in den Schoss. Was wirst du tun, Gott? Ich bin bange.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 36, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- FRE French (Français) (Pierre Mathé) , "Que feras-tu, Dieu, quand je mourrai", copyright © 2012, (re)printed on this website with kind permission
5. Du, Nachbar Gott  [sung text not yet checked]
Du, Nachbar Gott, wenn ich dich manchesmal in langer Nacht mit hartem Klopfen störe, - so ists, weil ich dich selten atmen höre und weiß: Du bist allein im Saal. Und wenn du etwas brauchst, ist keiner da, um deinem Tasten einen Trank zu reichen: Ich horche immer. Gieb ein kleines Zeichen. Ich bin ganz nah. Nur eine schmale Wand ist zwischen uns, durch Zufall; denn es könnte sein: ein Rufen deines oder meines Munds - und sie bricht ein ganz ohne Lärm und Laut. Aus deinen Bildern ist sie aufgebaut. Und deine Bilder stehn vor dir wie Namen. Und wenn einmal in mir das Licht entbrennt, mit welchem meine Tiefe dich erkennt, vergeudet sichs als Glanz auf ihren Rahmen. Und meine Sinne, welche schnell erlahmen, sind ohne Heimat und von dir getrennt.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Du, Nachbar Gott", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 6, first published 1905
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Available translations, adaptations or excerpts, and transliterations (if applicable):
- ENG English (Sharon Krebs) , copyright © 2024, (re)printed on this website with kind permission
Confirmed with Rainer Maria Rilke, Werke, kommentierte Ausgabe in vier Bänden, Band 1 Gedichte 1895 bis 1910, herausgegeben von Manfred Engel und Ulrich Fülleborn, Frankfurt am Main und Leipzig: Insel Verlag, 1996, page 159.
Research team for this page: Emily Ezust [Administrator] , Sharon Krebs [Guest Editor]
6. Ich bin, du Ängstlicher  [sung text not yet checked]
Ich bin, du Ängstlicher. Hörst du mich nicht mit allen meinen Sinnen an dir branden? Meine Gefühle, welche Flügel fanden, umkreisen weiß dein Angesicht. Siehst du nicht meine Seele, wie sie dicht vor dir in einem Kleid aus Stille steht? Reift nicht mein mailiches Gebet an deinem Blicke wie an einem Baum? Wenn du der Träumer bist, bin ich dein Traum. Doch wenn du wachen willst, bin ich dein Wille und werde mächtig aller Herrlichkeit und ründe mich wie eine Sternenstille über der wunderlichen Stadt der Zeit.
Text Authorship:
- by Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), "Ich bin, du Ängstlicher", written 1899, appears in Das Stundenbuch, in 1. Das Buch vom mönchischen Leben , no. 19, first published 1905
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